Sylvia Simons ist Fuhrparkmanagerin. Rund 1.000 Lastwagen, Pickups, Baustellenfahrzeuge und PKW fallen unter ihr Kommando. Sie sagt, sie liebt ihren Job, aber ob sie nun Autos verwalte oder andere Dinge, spiele im Berufsalltag der Flottenmanagerin eigentlich keine Rolle. Für ihren Job seien betriebswirtschaftliche Fähigkeiten wichtig, nicht die Liebe zum Auto.
Sylvia Simons ist Fuhrparkmanagerin bei dbs Delta Business Service GmbH, einem Anbieter von Beratungen und Dienstleistungen für industrielle Produktions- und Serviceunternehmen. Mit sieben Units und rund 105 Mitarbeitenden kümmert sich ihr Unternehmen um Dienstleistungen wie HR-Services und Controlling, aber auch um die Firmenflotten der Rema Tip Top AG und weiteren Unternehmen.
„Von großen Tagebaugeländen über die chemische Industrie bis zur Lebensmittelindustrie: überall halten wir die Mannschaft rund um Service, Instandhaltung und Reparatur mobil. Daraus lässt sich ableiten, welche Art von Autos wir haben“, sagt Sylvia.
Um die 1.000 PKWs, Trucks, Laster und sonstige Baustellenfahrzeuge sowie sämtliche damit verbundenen Verträge und Kosten fallen unter ihre Verwaltung.
Sylvia hat 1986 bei einem international tätigen Elektronikkonzern eine klassische kaufmännische Ausbildung absolviert. Mitte der 1990er Jahre habe ihr damaliger Chef sie gebeten, die Funktion der Geschäftsführungsassistenz zu übernehmen und sich um das Vertriebscontrolling und die Betreuung der 60 Dienstfahrzeuge zu kümmern. „Durch einen Schulterklopfer bin ich zur Fuhrparkmanagerin geworden“, sagt sie. Geblieben ist sie es, weil ihr das kaufmännische liege. „Ich glaube gerade diese Kombination aus betriebswirtschaftlichen Themen und dem klassischen Dienstwagengeschäft, dem Fahrzeugleasing, hat den Job für mich sehr interessant gemacht.“
Ich bin und war zahlenorientiert und gehe Fuhrparkmanagement betriebswirtschaftlich an. Also nach KPIs und Betriebsergebnissen und nicht mit Emotionen. Das ist bei der damaligen Geschäftsführung gut angekommen. Weniger bei den Fahrern. Die fanden eher nicht so schön, dass ich Sachen wie User–Choser-Modelle bei Non Captive-Leasinggesellschaften, bei denen man sich sämtliche Sonderausstattungen aussuchen konnte, genauso hinterfragt habe wie die Praxis, dass die damaligen Führungskräfte eher instinktiv Leasingraten oder Autos freigegeben haben.
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Unter ihrer Regie wechselte das Unternehmen damals mit seiner Dienstwagenflotte zur VW-Gruppe, es entstanden einheitliche Richtlinien, nach welchen Kriterien welche Fahrzeuge ausgewählt werden. Schon während dieser Zeit habe ihr jetziger Arbeitgeber sie angesprochen, ob sie nicht zur dbs Delta Business Service GmbH wechseln wolle. Sie lehnte ab. „Ich habe dbs gesagt, dass ich am Unternehmen selbst durchaus Interesse hätte. Aber nur, wenn es dort den Bereich Fuhrpark Management zu besetzen gebe“, erzählt Sylvia.
Sie blieb bis 2016 als Assistentin der Geschäftsführung beim damaligen Unternehmen und managte dort nebenher den Firmenfuhrpark. Im selben Jahr beschloss der Vorstand des Rema Tip Top Konzerns, das Fuhrparkmanagement der gesamten Gruppe zu vereinheitlichen und auf die dbs zu übertragen. „Da hat man sich offensichtlich an mich erinnert und mich nochmal angesprochen“, sagt Sylvia. „Und so habe ich nach 30 Jahren meinen Job gekündigt und mit 54 nochmal ganz neu angefangen.“
Aufgaben einer Fuhrparkmanagerin
In ihrem neuen Job als Unit Managerin bei dbs sollte Sylvia die Fuhrparks von 30 Unternehmen mit rund 1.000 Fahrzeugen managen, eine einheitliche Dienstwagenrichtlinie für alle entwickeln und die zentrale Beschaffung vornehmen. „Ich weiß nicht, was mich damals geritten hat, aber ich habe Ja gesagt. Zwischen Weihnachten und Neujahr – bevor ich angefangen habe – hatte ich deshalb auch Bauchweh und tatsächlich Zweifel an meiner geistigen Gesundheit“, erzählt sie rückblickend und lacht. Trotz ihrer Bedenken hat sie am 1. Januar 2017 in ihrem neuen Job angefangen – und bis zum Ende der ersten Jahreshälfte ein konzernweites Fuhrparkmanagement aufgebaut. Eine einheitliche Dienstwagenrichtlinie sowie einen großen Rahmenvertrag mit der VW-Gruppe inklusive. Auch gegen Vorbehalte der betroffenen Mitarbeitenden aus den einzelnen Unternehmen, die bis dato alle ihre eigenen Beschaffungsquellen und Richtlinien hatten.
Die fanden das erst einmal natürlich nicht so gut, dass die dbs sich nun um die Autos kümmert. Durch einen pragmatischen Umgang damit – ohne zu viele Emotionen hineinzubringen – hat es ungefähr zwei bis zweieinhalb Jahre gedauert, bis die meisten verstanden haben, dass das dem Unternehmen einen Mehrwert bringt und die Mitarbeitenden dadurch nicht schlechter fahren.
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Anfangs sei Sylvia Einzelkämpferin gewesen; mittlerweile arbeiten drei Personen im Fuhrparkmanagement. Es seien aber auch weitere Unternehmen hinzugekommen, deren Flotte gemanagt werden muss. „Die Zahl an Autos kreist immer so um 1000, 1200 Stück“, sagt sie.
40 bis 50 Prozent davon seien Nutzfahrzeuge. Für die Sylvia und ihr Team, übrigens eine reine „Damenmannschaft“, vom Leasingbeginn bis zum Leasingende, von der Beschaffung bis zur Veräußerung zuständig sind. Auch die Führerscheinkontrolle der Mitarbeitenden – ist jeder berechtigt, ein Fahrzeug zu führen? Wer hat einen LKW-Führerschein? – fällt unter ihre Aufgaben. „Und wenn ein Monteur einen Platten hat, ruft der im Zweifelsfall bei mir auf dem Handy an und fragt: was soll ich machen?“, sagt sie.
„Es ist tatsächlich ein sehr, sehr komplexer, interessanter Job, der absolut Zukunft hat. Das Ende der Autos in der Form, wie wir das jetzt kennen, werde ich beruflich wahrscheinlich nicht mehr miterleben. Aber es ist auf jeden Fall wert, sich heute damit zu beschäftigen und zu versuchen, die Welt ein Stück weit mitzugestalten und nachhaltig zu verbessern.“
Mobilitätswende auch im Fuhrpark-Management
Neben dem klassischen Management der Flotte beschäftigt sich das Team verstärkt mit Themen wie Antriebs- und Mobilitätswende, sagt Sylvia. So gebe es beispielsweise in fast allen Gesellschaften großes Interesse an Elektromobilität und Bike Leasing. Auch haben nicht mehr alle Angestellte eigene Dienstfahrzeuge. Mitarbeitende aus der Verwaltung und der Produktion beispielsweise können verstärkt Poolfahrzeuge nutzen.
Zum Nutzerkreis von Dienstfahrzeugen gehören u. a. Außendienstmitarbeiter:innen, Bauleiter:innen sowie Hauptabteilungsleiter:innen und Geschäftsführer:innen. Diese können zwischen 20 Fahrzeugmodellen, vom Golf und dem Tiguan über den Kodiaq bis zum Audi A 4, auswählen. „Die Car Policy muss so strukturiert sein, dass sie jeder Gesellschaft auch weiterhin noch Individualität und auch individuelle Entscheidungen zubilligt“, sagt Sylvia. So habe sich beispielsweise eine Gesellschaft entschieden, keine Fahrzeuge einer bestimmten Marke einzusetzen, eine andere nutze keine SUV.
Mit meinen 40 Fuhrparks treiben mich die gleichen Fragen und Herausforderungen um, wie jeden, der nur einen Fuhrpark hat. Es ist nur ungleich schwerer, weil wir in unserem Unternehmen ganz verschiedene Anforderungen haben. So haben wir Unternehmen dabei, die für 20 Außendienstler eine PkW-Flotte haben – von Passat bis Audi A4. Wir haben aber auch welche, die 100 Crafter, schwere Pickups, Radlader und Unimogs fahren.
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Mittlerweile gebe es im Konzern zusätzlich eine E Car-Policy, erzählt sie. „Wir haben die ersten Elektrofahrzeuge im Konzern, prüfen aber tatsächlich von Fall zu Fall, ob Fahrer und Unternehmen für Elektroautos geeignet sind. Bestimmte Regionen, wo unsere Gesellschaften angesiedelt sind, sind in Sachen Infrastruktur einfach noch nicht so weit.“
Hinzu kommen, dass Nutzfahrzeuge oft nicht mit Elektroantrieb ausgestattet sind oder die Zuladung zu gering sei. „Der E-Crafter zum Beispiel hat um die 78 Kilometer Reichweite und eine recht sehr geringe Zuladung, das ist für unser Geschäft nicht geeignet. Es ist uns nicht damit gedient, ein großes, sperriges Fahrzeug zu fahren, was dann aber nur hundert Kilo einladen darf.“
Der ID Buzz von VW kämen zwar theoretisch in Frage. Da die Fahrzeuge nach Ende des Leasingvertrages auf dem Zweitmarkt verkauft werden, wäre jedoch der Wertverlust zu hoch, würde man das Elektrofahrzeug auf der Baustelle einsetzen. „Das ist ein sehr, sehr schönes Auto, das aber für unsere Anforderungen nicht richtig geeignet ist.“
Grundsätzlich schätze sie den Restwert geleaster E-Fahrzeuge niedrig ein. „Meine Prognose ist, dass der Restwert in den nächsten Jahren deutlich sinken wird, weil die Stromer, gerade im Nutzfahrzeugbereich nicht so einfach zu vermarkten sind, zumindest nicht in den Mengen, die in den nächsten Jahren aus den stark geförderten Leasingverträgen zurückkommen werden“, sagt sie. Damit und durch den Entfall der Förderungen seien geleaste Elektrofahrzeuge zumindest für Unternehmen aktuell betriebswirtschaftlich nicht so sinnvoll. Deshalb spare Sylvia an anderer Stelle CO2 und Emissionen ein, indem sie mehr Fahrzeug-Pools aufbaut, und den Unternehmen empfiehlt, mehr Carsharing und Bahntickets anzubieten.
Im Moment werden PKW und Nutzfahrzeuge mit hohen Laufleistungen nach Ende des Leasings doch zum großen Teil nach Südosteuropa oder nach Afrika verkauft, je nach Zustand. Wir in Deutschland haben nun zunehmend ein durchgängiges Ladenetz. Aber je weiter man in Richtung Südosten schaut, wird es immer weniger. Es ist einfach kein derart großer Markt da, um Elektroautos nach Leasingende in die bisherigen Kanäle für Verbrenner zu veräußern. Ich bin überzeugt, dass das die Restwertpreise derartig ungünstig beeinflussen wird, dass es auch sicherlich auf die künftigen Leasingraten Einfluss haben wird.
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Skills: Was muss eine erfolgreiche Fuhrparkmanagerin mitbringen?
Fuhrparkmanagement sei ein sehr kommunikativer Job. „Man muss zuhören, man muss viel mit Leuten sprechen und zunehmend rede ich mit Personen, die vielleicht gerade frisch von der Uni kommen und die eine ganz andere Einstellung zum Thema Mobilität haben, nachhaltiger denken“, sagt Sylvia.
Wenn mir ein Monteur aus seinem Alltag erzählt, erfahre ich viel darüber, was wir im Nutzfahrzeugbereich wirklich brauchen. Wenn der mir zum Beispiel sagt: Das, was ich mitnehmen muss, ist immer zu lang für die Laderäume. Ich brauche unter dem Beifahrersitz eine Klappe, wo ich durchladen kann. Daraus nehme ich wichtige Impulse zur Verbesserung der Effizienz bei der täglichen Arbeit der Monteure mit. Und das macht diese Gespräche so wertvoll.“
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Ein Studium ist nicht zwingend notwendig, um Fuhrpark-Manager:in zu werden. Auch eine kaufmännische Ausbildung mit entsprechenden Weiterbildungen und Zertifizierungen ist durchaus eine gute Basis. Wichtig sind in jedem Fall betriebswirtschaftliche Kenntnisse, sagt Sylvia. „Es braucht einen fundierten Blick auf die Zahlen und in die Zukunft: Ein Beispiel: In welcher Höhe sollte ich Rückstellungen bilden für Rückgabeschäden und Versicherungsschäden?“
Darüber hinaus brauche es Offenheit für Alternativen und den Willen, dazu zu lernen. „Ich werde im Herbst 2023 bei der IHK in Dortmund an einem Lehrgang zum Thema Betriebliches Mobilitätsmanagement teilnehmen, um den Horizont zu erweitern. Manchmal braucht man einfach Impulse von außen“, sagt Sylvia.
„Wenn man sich eine übliche Bilanz anguckt, fällt auf, dass einer der höchsten Kostengruppen im Unternehmen ganz häufig auf den Fuhrpark entfällt. Einen derartig großen Kostenfaktor von jemandem verwalten zu lassen, dem das betriebswirtschaftliche und fachliche Hintergrundwissen fehlt und der denkt, es ginge in erster Linie um die Bestellung von schönen Autos, halte ich für grundlegend falsch. Ich bin aber auch überzeugt, dass das mittlerweile in den meisten Unternehmen angekommen ist.“
Sylvia Simons, Unit Managerin bei dbs Delta Business Service GmbH
Sie und ihr Team besuchen deshalb regelmäßig Messen und Veranstaltungen wie das bfp Forum und Flotte! Der Branchentreff, um sich bezüglich neuer Trends im Fuhparkmanagement zu informieren. Darüber hinaus sei der Austausch mit anderen für sie sehr wichtig. „Manchmal sieht man einfach die Lösung selber gar nicht und denkt dann nach einem Gespräch mit anderen, die in der Branche tätig sind: „Mein Gott, tatsächlich: so einfach kann es sein, da sind wir selber nicht drauf gekommen.“ Bevor sie eine Entscheidung zugunsten oder zu Lasten von irgendwas treffe, suche sie deshalb den Dialog, höre sich Vorträge an oder lese sich anderweitig ein, um sich ein Gesamtbild zu machen. „Betriebswirtschaftlich und auch für den Faktor Human Resources ist Fuhrparkmanagement einfach ein zu wichtiges Thema, als dass man aus dem Bauch heraus agieren könnte“, so Sylvia.
Sie sagt: „Was ich hier drehe, sind zwar Autos. Es könnten aber genauso gut Bananen oder Knöpfe sein. Es geht um die betriebswirtschaftlichen Aspekte. Ich mag das, was ich tue und ich liebe meinen Job, aber es geht mir nicht um dieses emotionale Autothema. Ich möchte in erster Linie dem Konzern eine gute Strategie aufbauen und bieten und das Fuhrparkmanagement zukunftsfähig und nachhaltig gestalten.“
Comments