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“Ich setze mich in die Bahn und fühle mich einfach glücklich.”

Larissa Wolski hat ihren Berufstraum aus der Kindheit verwirklicht – sie ist vor zehn Jahren Straßenbahnfahrerin geworden. Viele bezeichnen sie als Bahnfreak, nicht nur wegen ihrer Leidenschaft fürs Bahnfahren, sondern auch wegen ihrer drei Bahn-Tattoos. Über ihren Job spricht sie mit großer Begeisterung und ist überzeugt, dass Frauen vor dem Beruf keine Angst haben müssen.

Copyright: Benjamin Westhoff/SWB



Larissas berufliche Fahrt hat in Heidelberg bei der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) angefangen. Dort schloss sie ihre Lehre zur Straßenbahnfahrerin und später zur Triebfahrzeugführerin ab. Aus persönlichen Gründen ist sie nach Bonn umgezogen. Über den nächsten Job musste sie gar nicht nachdenken. „Straßenbahn- und Bahnfahren ist mein Kindheitstraum, das wollte ich schon immer machen. Mein Papa hat als Bus- und Straßenbahnfahrer bei der rnv gearbeitet, so bin ich damit aufgewachsen. Ich setze mich in die Bahn und fühle mich einfach glücklich.“

Bei den Stadtwerken Bonn (SWB) durfte sie aber nicht gleich losfahren. Neue Fahrer*innen müssen erstmal in die Fahrzeuge und das Verkehrsnetz eingewiesen und anschließend eine Prüfung ablegen werden. Das gilt für jeden Verkehrsbetrieb. Erst hat Larissa eine 6-wöchige Weiterbildung für die „kleine“ Bahn absolviert, nach einigen Jahren machte sie eine Erweiterung zur Stadtbahnfahrerin. „Man bringt zwar das Wissen mit, muss aber trotzdem einige Schulungen mitmachen. Das regelt jeder Betrieb anders.“

Da die SWB über keinen eigenen Fahrsimulator verfügen, wird den Lehrlingen bis zur Abschlussprüfung ein erfahrener Fahrlehrer zur Seite gestellt. Nach bestandener Prüfung begleitet er die Neulinge für einige Zeit, um auf die verschiedenen Besonderheiten der Strecken und die regulären Betriebsabläufe hinzuweisen. „So bin ich sozusagen meinen Traum weitergefahren,“ sagt sie mit leichtem Schmunzeln.


Immer in den Spiegel schauen

Larissa freut sich auf die Arbeit jeden Tag, bzw. jede Nacht – sie fährt nämlich in der Nachtschicht. Unter der Woche fängt sie je nach Dienst zwischen 16 und 17 Uhr an und die Bahn stellt sie zwischen Mitternacht und 2 Uhr ab. Am Wochenende fährt sie die Nachtwagen zwischen 20 Uhr und 4 oder 5 Uhr morgens. Was sich viele eher als unbeliebte Arbeitsstunden vorstellen, ist für Larissa die Zeit, in der sie sich beim Fahren wohler fühlt. „Frühdienstfahrer und Nachtdienstfahrer stehen vor den unterschiedlichsten Herausforderungen. Während Frühdienstfahrer überwiegend mit Schulkindern und Pendlern zur Arbeit zu tun haben, sind Nachtdienstfahrer überwiegend mit älteren Menschen und dem wilden Partyvolk unterwegs.“

Copyright: Benjamin Westhoff/SWB


Vor dem Losfahren einer Bahn muss jede*r Fahrer*in einige Arbeitsschritte beachten – das Personal muss in den Fahrtnachweis die Dienstnummer und die Uhrzeit eintragen, prüfen, ob auf dem Zählerstand alles stimmt und ob die Bahn in einwandfreiem Zustand ist. Bei der Übergabe zwischen zwei Fahrer*innen zum Schichtwechsel melden sie eventuelle Störungen oder Sperrungen an.

„Dann richte ich mir den Sitz ein, schaue in den Spiegel, mache die Türen zu und wenn ich Grün habe, dann fahre ich los! Das Wichtigste ist, aus Sicherheitsgründen, immer in den Spiegel zu schauen.“ Das gilt für jede Haltestelle. Jemand kann Hilfe beim Einstieg benötigen oder eine ältere Person mit Rollator möchte die Bahn noch schaffen. Wenn es zeitlich passt, wartet Larissa immer. „Das sind nämlich die dankbarsten Menschen. Ich bekomme auch ab und zu einen Bonbon als Dankeschön. Vor kurzem hat mir ein älterer Herr gesagt: ‘Das muss ich Ihnen mal sagen. Sie können ja super fahren. Sie bremsen so sanft!’ Es tut so gut, sowas zu hören!“


Sich als Frau immer sicher fühlen

Leider kommt es in der Nacht auch zu weniger angenehmen Situationen, meistens am Wochenende. Es gibt Menschen, die absichtlich die Bahn verunreinigen oder es kommt zu Auseinandersetzungen unter den Fahrgästen. Das meldet Larissa sofort an die Leitstelle, sodass diese entscheiden kann, was mit dem Fahrzeug dann passiert. Im schlimmsten Fall muss die Polizei alarmiert oder die Bahn ausgetauscht werden.

Die Triebfahrzeugführerin hat aber auch schon medizinische Notfälle miterlebt und rasch gehandelt. „Das gibt es, Unfälle, negative Ereignisse. Es ist das Berufsrisiko. Manchmal reicht eine Durchsage, manchmal muss ich nach hinten gehen. Man bekommt schon während der Ausbildung einiges mit und kann sich darauf vorbereiten.“

“Sie können ja super fahren. Sie bremsen so sanft!”

Unsicher hat sie sich aber noch nie gefühlt. „Wenn ich die Situation nicht richtig einschätzen kann, bleibe ich vorne. Wir Fahrer haben die Möglichkeit im Notfall die Leitstelle im Handumdrehen zu informieren, diese wird dann sofort vorbeikommen und es kann mir nichts passieren. Als Frau bin ich vorne sicher.“


„Ich würde mehr Frauen begrüßen”

So wie mit den Fahrgästen kommt sie auch mit den männlichen Kollegen klar. „Man braucht auf alle Fälle Durchsetzungsvermögen. Aber wenn man nicht auf den Mund gefallen ist, was man in dem Beruf nicht sein darf, kommt man mit allen Kollegen klar.” Trotzdem freut sie sich immer, wenn eine weitere Frau das Team erweitert. „Ich würde es begrüßen, wenn wir mehr Frauen werden. Frauen sollten in diesem Beruf mehr vertreten sein und keine Scheu davor haben, die Ausbildung zu beginnen.”



Auch aus der Karriereperspektive gibt es für die Straßenbahnfahrer*innen immer weitere Möglichkeiten. Für Larissa ist es z.B. eine Weiterbildung für die Strecke nach Köln oder für die neue Straßenbahn, die bei den SWB bald in Betrieb genommen wird. Darauf freut sie sich, sie gibt auch zu, dass für sie kein anderer Beruf in Frage kommt. „Ich könnte nicht vor dem PC sitzen. Ich muss raus, die Welt sehen. Ich sitze zwar, bin aber ständig in Bewegung und im direkten Kontakt mit den Fahrgästen. Der Beruf erfordert ständige Aufmerksamkeit und wenn ich an einer Haltestelle etwas warten muss, gebe ich gerne fragenden Fahrgästen eine Auskunft. Oder wenn ich am späten Nachmittag am Rhein entlangfahre, der Sonnenuntergang ist einfach malerisch. Ich freue mich einfach, dass ich diese Strecke fahren darf.“


Nach der Nachtschicht ist sie trotzdem nicht müde, andersrum, durch die vielen Impulse muss sie erstmal runterfahren. „Ich gehe die Schicht im Kopf nochmal durch, was passiert ist, was gut oder schlecht war. Es ist bestimmt in vielen Berufen so.“ Das ist verständlich, denn eine Fahrerin die mit so viel Leidenschaft und Engagement für ihren Beruf arbeitet, nimmt Dinge noch viel deutlicher und mehr wahr als sonst.



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