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rhein-ruhr

„Ich sorge dafür, dass Kolleg:innen ein größeres Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen haben"

Petra Bönnemann setzt sich für Gleichstellung und ein besseres Arbeitsklima im ÖPNV ein. Sie ist Diversity-Managerin und AGG-Beauftragte bei der Bogestra und Vorsitzende des Unterausschuss‘ Diversity & Inklusion beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Und sie ist Co-Founderin des WiM Hubs Rhein-Ruhr. Höchste Zeit also, dass Petra Mobilmacherin der Woche wird.



Unsere Mobilmacherin der Woche leistet einen wichtigen Beitrag zu Vielfalt und Gleichstellung im deutschen ÖPNV – und darüber hinaus. Petra Bönnemann arbeitet seit mehr als 14 Jahren bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (Bogestra). Angefangen hat sie dort als Kommunikations- und PR-Managerin, bevor sie 2011 Delegierte für europäische Angelegenheiten wurde. Seit 2017 setzt sie sich bei der Bogestra als Diversity Managerin und Delegierte für internationale Verbände sowie europäische Angelegenheiten für mehr Vielfalt, Gleichstellung und ein besseres Arbeitsklima ein. 2020 gründete sie mit drei anderen Frauen den WiM Hub Rhein-Ruhr – und wurde zur Vorsitzenden des Unterausschusses "Diversity and Inclusion" beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen ernannt.


2017 hatte man mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, das Thema Diversity Management für die Bogestra – damals noch neben der Europa-Arbeit - aufzubauen und anschließend auch zu verantworten. Weil das etwas war, was mich sehr interessiert hat, habe ich gesagt: Auf jeden Fall!

Petra Bönnemann, Diversity Managerin der BOGESTRA


Als Mobilmacherin der Woche nominiert wurde Petra von ihren Hub-Kolleginnen, mit denen sie Events in der Region an Rhein und Ruhr organisiert. „Petra hat eine unglaubliche Fachexpertise, wenn es um Diversity-Themen, das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und dessen Umsetzung im Unternehmen geht“, sagt Kerstin Dämon vom Hub Rhein-Ruhr. „Und sie ist diejenige, die im Hub-Team die Fakten, Bedingungen und die Umsetzbarkeit bedenkt und uns deshalb vor Katastrophen bewahrt, wenn wir anderen uns blindlings in irgendetwas hineinstürzen wollen, weil uns die Idee gefällt.“

Nicht gleich Hals über Kopf loszustürmen, habe Petra auch erst lernen müssen, sagt sie. „Wenn nicht alles sofort umsetzbar ist, werde ich normalerweise gleich kribbelig, weil ich ein sehr ungeduldiger Typ bin, aber das muss man lernen, wenn man Verbandsarbeit macht.“

So habe beispielsweise die Idee für einen Unterausschuss Diversity & Inklusion beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen bereits seit 2017 geschwelt. „Das Ganze hat angefangen mit einer lockeren Arbeitsrunde, bei der sich verschiedene Diversity-Managerinnen zusammengesetzt und gesagt haben: wir haben jetzt alle mit Diversity angefangen und möchten uns mal miteinander austauschen.“ Ins Leben gerufen wurde der Unterausschuss dann von der damaligen Vorsitzenden des VDV-Ausschusses für Personalwesen, Claudia Güsken. Seit 2020 steht Petra dem Unterausschuss vor.


Wir vom Unterausschuss Diversity haben einen Sitz im Ausschuss für Personalwesen, was ich sehr wichtig finde, weil wir hier eine beratende Rolle in allen Fragen rund um Diversity einnehmen und eine gewisse Sichtbarkeit haben.

Petra Bönnemann, Diversity Managerin der BOGESTRA


Petra sagt über sich, eine leidenschaftliche Verfechterin des Themas Diversity zu sein. Weil es nicht nur Spaß mache, sondern auch unglaublich sinnstiftend sei. „Ich verstehe meinen Job so, dass ich dafür sorge, dass Kolleginnen und Kollegen ein größeres Zugehörigkeitsgefühl zu unserem Unternehmen bekommen und das Gefühl haben, hier als Person gesehen zu werden und nicht nur als Teil einer Gruppe“, sagt sie.

Das zahle sich nicht nur für die Mitarbeitenden aus, sondern sei auch ein Wirtschaftsfaktor, sagt Petra. „Ein Unternehmen wirtschaftet einfach besser, wenn die Leute so sein können, wie sie sind. Wenn sie sich nicht verstellen müssen und ihre Energie nicht in ein Versteckspiel investieren müssen und sich auch sicher fühlen können, dass sie so sein können, wie sie sind.“

Gerade für den ÖPNV, in dem ein akuter Fachkräftemangel herrscht und wo die Frauenquote unter den Beschäftigten nur bei gut 20 Prozent liegt, ist Diversity also ein wichtiger Faktor.


Diversity hat definitiv etwas mit Mitarbeitendengewinnung, aber auch mit Mitarbeitendenbindung zu tun. Es geht sowohl darum, neue Gruppen für das Unternehmen zu gewinnen, als auch darum, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeitenden ihr Potenzial voll ausschöpfen können. Und das tun Menschen am ehesten, wenn sie dem Unternehmen gegenüber loyal sind und sich zugehörig fühlen. Dann sind sie bereit, das Beste zu geben.

Petra Bönnemann, Diversity Managerin der BOGESTRA


Entsprechend setze sich die Bogestra mit Petras Hilfe für mehr gelebte Vielfalt ein. Egal, ob in der Werkstatt, beim Fahrpersonal oder in der Verwaltung: „Wir bearbeiten aktuell zwei Themenschwerpunkt: Chancengleichheit im Zusammenhang mit dem Thema Geschlecht und sexuelle Orientierung“, sagt sie.

Darüber, wie sich mehr Frauen für Jobs bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn gewinnen lassen, spreche sie mit Kolleginnen aus allen Bereichen – von der Busfahrerin über die Lackiererin bis zur Buchhalterin. „Wir besprechen zum Beispiel, wie sich der Beruf der Fahrerin mit Erziehungsaufgaben besser vereinen lässt“, sagt Petra. „Wir schauen uns Herausforderungen an und überlegen gemeinsam, ob und welche Lösungen wir finden und was wir als Unternehmen tun können, um die Situation für alle zu verbessern.“


Speed-Dating für Schülerinnen: Werkstattjobs zum Anfassen

Auch junge Frauen werde das Unternehmen jetzt gezielter ansprechen, erzählt Petra. Gemeinsam mit der hausinternen Arbeitsgruppe Chancengleichheit organisiere sie ein Speed-Dating für Schülerinnen, das am 3.9. stattfinde wird. „Die Idee ist, dass Schülerinnen von Kolleginnen Werkstattberufe vorgestellt bekommen und einfache Werkstattaufgaben ausprobieren und zum Beispiel einen Scheibenwischer am Bus wechseln dürfen. Damit hoffen wir, eine Zielgruppe anzusprechen, die wir normalerweise nur schwer erreichen.“


Auch das Thema sexuelle Orientierung steht auf der Diversity-Agenda, sagt Petra. „Im letzten Jahr zum Beispiel haben wir das Netzwerk LGBTIQ@Bogestra gegründet. Hier treffen sich Kolleginnen und Kollegen regelmäßig, sorgen aber auch aktiv für mehr Sichtbarkeit.“ Das reiche vom Beflaggen der Gebäude während des Pride Month in Regenbogenfarben über eine Teilnahme am Christopher Street Day bis zur Patenschaft für einen Stolperstein.

„Wir haben eine Patenschaft für einen Stolperstein für einen Mann übernommen, der als Homosexueller im Zweiten Weltkrieg verfolgt wurde und dessen Vater als Straßenbahner bei uns gearbeitet hat“, erzählt Petra.

Außerdem habe sie gemeinsam mit dem LGBTIQ@Bogestra-Netzwerk Outing-Patenschaften entwickelt, bei denen einzelne Kolleginnen und Kollegen ihre Outing-Geschichte erzählen und sich für andere als Ansprechperson zur Verfügung stellen. Sie helfen den Kolleg:innen bei Fragen wie: möchte ich mich an der Arbeit outen oder nicht, fühle ich mich damit wohl, was könnte passieren, wenn ich es tue und was, wenn ich es nicht tue.

„Zum LGBTIQ-Netzwerk bekomme ich richtig viele positive Rückmeldungen: Die Leute finden es toll, dass es sowas bei uns gibt.“


Ansprechpartnerin bei Beschwerden gegen das AGG

Zusätzlich kümmert sie sich gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Chancengleichheit darum, eine Beschwerdestelle bei Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufzubauen. Den Job der AGG-Beauftragte soll Petra übernehmen und Menschen beraten, die sich am Arbeitsplatz aufgrund des Verhaltens von anderen unwohl, diskriminiert oder belästigt fühlen. „Wir wollen es streamlinen, dass Menschen, die sich belästigt oder diskriminiert fühlen, neben ihrer Führungskraft, die ja die Fürsorgepflicht hat, eine zentrale Anlaufstelle und Ansprechperson haben. Auch für den Fall, dass jemand mit der Führungskraft kein gutes Vertrauensverhältnis hat – oder die Führungskraft das Problem ist“, sagt sie.

Ich glaube, viele Unternehmen scheuen sich noch, offen und transparent mit Diskriminierungsbeschwerden umzugehen – so nach dem Motto: Wir haben doch eine tolle Unternehmenskultur, so etwas gibt es bei uns nicht. Dabei ist es ganz unzweifelhaft, dass es diese Fälle überall gibt, wo Menschen zusammenkommen. Wichtig ist, dass die Unternehmen zeigen: Wir kümmern uns darum. Und wir machen das transparent. Das ist der Mehrwert für alle und ein Aushängeschild für die Unternehmenskultur.

Petra Bönnemann, Diversity Managerin der BOGESTRA


Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen und Diskriminierungen wegen des Alters, der Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität oder einer Behinderung zu verhindern. Wird ein Mensch wegen einer der genannten Punkte im Unternehmen von anderen schlechter behandelt oder beleidigt, kann er sich an die AGG-Beschwerdestelle wenden.



„Der Klassiker sind zum Beispiel penetrante Nachfragen an eine lesbische Frau, ob sie „der Kerl in der Beziehung“ ist, weil sie kurze Haare hat - oder Erkundigungen nach ihrem Intimleben“, gibt Petra ein Beispiel für einen Fall für eine AGG-Beschwerde. „Wir hatten auch schon den Fall, dass Auszubildende bei uns waren, weil sie das Gefühl hatten, ihre Fahrdienste kurzfristiger genannt zu bekommen als ältere Kollegen und dass man von ihnen erwarte, flexibler zu sein, weil sie jung und noch im Auszubildenden-Status statt festangestellt sind.“ Altersdiskriminierung geht eben in beide Richtungen. Auch Religion sei immer wieder ein Thema. „Bei mir landen auch Fragen wie: Darf ich die Leute während des Ramadans zwingen, Wasser zu trinken, wenn sie im Fahrdienst arbeiten?“ Hier müssen wir pragmatische Lösungen finden, bei denen wir auch Fragen der Verkehrssicherheit im Auge behalten.

Für ihre Arbeit bekomme sie von den Kolleginnen und Kollegen unglaublich viel zurück, sagt sie. Und ergänzt: „Ich persönlich finde, dass Unternehmen super damit punkten können, wenn sie sagen: Wir wissen, dass sowas vorkommt und dass auch nicht alles in böser Absicht passiert. Aber wenn es passiert, kümmern wir uns und lassen euch mit solchen Sachen nicht alleine.“

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