Helau und Alaaf, d'r Zoch kütt! In Köln, Düsseldorf und Mainz, aber auch in vielen kleineren Städten Deutschlands dominieren heute die Rosenmontagszüge das Stadtbild. Wir haben für euch zusammengefasst, was und wie viel sich heute in den Karnevalshochburgen bewegt. Und wie nachhaltig die Züge sind.
Bild von Ben Kerckx auf Pixabay
Den Brauch, Karneval, Fasching oder Fastnacht zu feiern, gibt es bereits seit dem 13. Jahrhundert. Damals wollten die Menschen böse Geister verjagen und so Platz machen für die guten Geister, die den Frühling bringen. Die Hexenmasken, die bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht im südwestdeutschen Raum und der Schweiz getragen werde, erinnern daran. Der rheinische Karneval soll von den Römern ins Rheinland gebracht worden sein: als das Fest der Saturnalien.
Heute finden in vielen Städten wieder die berühmten Rosenmontagszüge statt. Klar ist: wo die Züge entlang gehen, stehen Bus und Bahn. Und natürlich ist auch mit dem Auto oder Taxi so gut wie kein Durchkommen. Dafür sind Hunderttausende zu Fuß unterwegs. Im Festzug oder am Straßenrand.
Die Rosenmontagszüge in Köln, Düsseldorf und Mainz in Zahlen
Der Kölner Rosenmontagszug zieht jedes Jahr eine riesige Menschenmenge an, im Jahr 2023 waren es über 1,5 Millionen Besucher:innen. Unter dem Motto „Et Hätz schleiht em Veedel“ feierten sie entlang des 8,7 Kilometer langen Zugwegs. Insgesamt verteilten 12.000 aktive Teilnehmenden, darunter 3.600 Fuß- und 1.700 Tanzgruppen rund 700.000 Tafeln Schokolade, 220.000 Pralinenschachteln und 300.00 Strüßjer (Blumen). Der Zug wurde von Hunderten von Pferden begleitet.
In diesem Jahr rechnet das Festkomitee des Kölner Karnevals mit mehr als 11.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Zug. Alleine 1.344 Jugendliche und Kinder werden als Teil der Tanzgruppen am Rosenmontag mit dem Motto "Wat e Theater - Wat e Jeckespill" auf der rund 8,5 Kilometer langen Zugstrecke unterwegs sein. Geplant sind 77 Festwagen, 62 Bagagewagen, 25 Persiflagewagen, 6 Bähnchen sowie 6 Reparatur- beziehungsweise Equipewagen.
Auch in Düsseldorf waren im vergangenen Jahr beim Rosenmontagszug – Motto: „Wir feiern das Leben“ – mehrere Hunderttausend Menschen dabei. Die mehr als 70 Festwagen wurden von etwa 6.000 Jecken begleitet, darunter zahlreiche Fußtruppen. Hinzu kamen etwa 500 Pferde, die die Parade durch die Straßen der Stadt begleiteten. 2024 soll der Düsseldorfer Rosenmontagszug gegen 12:22 starten und sich mit ca. 2,5kmh vorwärts bewegen. Es werden ca. 8.000 Teilnehmende, 85 Fußgruppen, 110 Mottowagen und 30 Blaskapellen erwartet.
Mainz feiert ebenfalls ausgelassen mit etwa 60 Festwagen und rund 5.000 Teilnehmenden, Fußtruppen, Tanzgruppen, Musikvereinen und 300 Pferden.
Umsatzzahlen und Nachhaltigkeit
In der Karnevalssaison 2023/2024 werden deutschlandweit Umsätze in Höhe von mindestens 1,73 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das haben Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (Köln) ergeben.
Der Großteil der Umsätze wird in der Gastronomie erzielt (rund 0,8 Milliarden Euro). Aber auch die Wirtschaftsbranchen Einzelhandel, Transport sowie die Hotellerie profitieren stark von der fünften Jahreszeit und dem Straßenkarneval. Die Transportbranche rechnet mit einem Umsatz von 260 Millionen Euro für Bahntickets und Taxifahrten.
Allein der Umsatz der Mainzer Fastnacht beträgt über 50 Millionen Euro. Rund um den Rosenmontag liegt die Zahl der Übernachtungsgäste dort bei mehr als 10.000. Zur Straßenfastnacht kommen mehr als 800.000 Besucherinnen und Besucher.
Es sind aber nicht nur die Einnahmen, die an Karneval beachtlich sind. Der Müll, der während des Rosenmontagszuges entstand, belief sich allein in Köln im vergangenen Jahr auf 476 Kubikmeter, die von der Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) beseitigt werden mussten.
95 Fahrzeuge und 200 Beschäftigte der AWB waren im Einsatz. Allein die mehr als 500 Reit- und Zugpferde produzierten am Rosenmontag rund 16,35 Tonnen Pferdemist. Würde man den in Biogas umwanden, könnte man damit einen Großteil der Zugfahrzeuge antreiben.
Der meiste Müll auf den Straßen kommt natürlich nicht von den Zugpferden. Es sind Plastik- und Pappbecher, Verpackungsmüll, Zigarettenkippen, Getränkedosen, Konfetti. Seit dem Glasverbot auf diversen öffentlichen Karnevalsveranstaltungen und entlang der Zugstrecken liegen zwar keine Scherben mehr auf der Straße. Dafür aber leider noch mehr Plastikmüll.
Mittlerweile bieten deshalb immer mehr Veranstalter kompostierbare Pfandbecher an. In Köln gibt auch Kamelle aus fair gehandelten Rohstoffen, die „Jecke Fairsuchung“ sowie "Saatgutkonfetti": Blumensamen von heimischen Pflanzen wie Stiefmütterchen statt buntem Papier und Glitzer.
Auch die Stadt Mainz setzt sich für eine nachhaltigere Straßenfastnacht ein. Der Rosenmontagszug in Mainz ist wegen gestiegener Sicherheitskosten auf finanzielle Unterstützung der Stadt angewiesen. Die hat an die Geldspritze die Bedingung geknüpft, dass der Mainzer Carneval-Verein prüfen müsse, wie sich das Müllproblem lösen lasse.
Ein weiteres Thema ist der Kraftstoff, mit dem die Fahrzeuge betrieben werden: Diesel. Um den CO2-Ausstoß zu minimieren, hat das Festkomitee des Kölner Karnevals eine entsprechende Kooperation mit Shell. Das Mineralöl- und Erdgasunternehmen betankt seit 2020 die Zugmaschinen des Kölner Rosenmontagszugs mit Shell Blue Diesel. Er besteht zu33 Prozent aus regenerativen Anteilen, die aus Rest- und Abfallstoffen, z.B. aus gebrauchtem Speisefett gewonnen werden. Statt dies zu entsorgen, wird es bei Schnellrestaurants und Imbissen eingesammelt, gefiltert, gereinigt und zu einem Paraffingemisch oder Biodiesel verarbeitet. Im Vergleich zu herkömmlichem Diesel können so mindestens 22 Prozent Kohlendioxid eingespart werden. Die verbleibenden Emissionen gleicht Shell über CO2-Ausgleichsprojekte aus.
Wir arbeiten seit Jahren daran, den Kölner Rosenmontagszug nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Da freuen wir uns natürlich über einen Partner, der uns hilft, die CO2-Bilanz des Zochs Schritt für Schritt zu verbessern.
Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitee Kölner Karneval
Auch in Düsseldorf ist das Thema Klima im Rosenmontagszug präsent: 2023 gab es dazu sogar einen Motivwagen: Wagenbauer Jacques Tilly hatte sich mit einem Wagen thematisch hinter das Anliegen der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ gestellt.
„Wer sind die Klimaterroristen?“ stand auf dem Mottowagen. Darauf: Eine Klima-Kleber-Figur vor einem bedrohlichen Auto, das jede Menge CO2 ausstößt und dessen Hinterreifen dem Schaufelrad eines Braunkohlebaggers nachempfunden war. Aufschrift: „Garzweiler“ steht darauf.
„Die Sorgen um die Kipppunkte sind berechtigt und die Gefahren real. Wenn durch die Klimakrise in Sibirien das Methangas freigesetzt wird, wird die Erde im wahrsten Sinne des Wortes zur Klimahölle“, sagte Tilly letztes Jahr bei der Präsentation des Wagens.
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