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So funktioniert Winterdienst auf Schienen

Zwar ist in Deutschland kaum mit weißen Weihnachten zu rechnen. Trotzdem bereiten sich die Bahn und die Verkehrsunternehmen schon im Sommer auf den ersten Schnee vor. Wir wollten wissen, wie der Winterdienst auf Schienen und Gleisen funktioniert.


Weiße Weihnachten in ganz Deutschland - das gab es laut Meteorologen zuletzt im Jahr 2010.

Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit, dass es an den Feiertagen schneit, im Mittel um 13 Prozent reduziert. Regional sind die Chancen auf Schnee zum Fest sogar um bis zu 44 Prozent zurückgegangen. Gerade in den Metropolen sei eine geschlossene Schneedecke sehr unwahrscheinlich.


Zehntausende arbeiten im Winterdienst bei der Bahn

Trotzdem müssen sich Verkehrsunternehmen - die vom Schnee verschonte KVB genauso wie die Deutsche Bahn, die Züge durchs verschneite Sauerland schickt - rechtzeitig auf die kalte Jahreszeit vorbereiten. Die DB fängt damit schon im August an: Rund 70 Millionen Euro steckt der Konzern jedes Jahr in die Wintervorbereitungen.

In Enteisungsanlagen, Räumfahrzeuge, Wartung der Geräte - und natürlich in die Gehälter der Menschen, die den Winterdienst übernehmen. Entsprechend sucht die DB regelmäßig nach Fachkräften für diesen Job.

Schlägt das Wetter plötzlich um, müssen genug Leute da sein, die die Räumfahrzeuge der Bahn bedienen und vereiste Züge abtauen können. Die an den Bahnhöfen Schnee schippen und streuen. In ganz Deutschland arbeiten mehrere zehntausend Menschen im Winterdienst für die DB - als Festangestellte oder für externe Dienstleister. Rund 3000 Angestellte der DB arbeiten im Winter als Schneepaten und melden, wenn sie irgendwo Schneeverwehungen gesehen haben.

Während an den Bahnhöfen - auf insgesamt rund 4,2 Quadratmetern Fläche - Menschen mit Schippe, Besen und Räumfahrzeugen arbeiten, sind auf den circa 35.000 Kilometern Schienennetz Maschinen gefragt.

Bei leichtem Schneefall sind dort sogenannte Spurloks sowie Bahnmotorwagen mit rotierender Bürsten unterwegs. Liegt mehr Schnee, setzt die Bahn Schneepflüge ein, die von Lokomotiven geschoben werden. Auch selbst fahrende Schneefräsen sind unterwegs, um die Gleise zu räumen.

Reichen auch die nicht aus, kommen Spezialfahrzeuge zum Einsatz, die sich mit zu 30 Stundenkilometern durch den Schnee fräsen: die sogenannten Schneeschleudern werfen den Schnee im hohen Bogen vom Gleis und können sich auf der Stelle drehen.



Als Präventionsmaßnahme - was nicht einfriert und zuschneit muss nicht geräumt werden - verfügen gut 48.000 von insgesamt 70.000 Weichen über eine Weichenheizung. Denn tatsächlich kommt es seltener wegen hohen Schneedecken zu Ausfällen im Schienenverkehr oder dem ÖPNV. Deutlich häufiger fallen Weichen wegen Schneerverwehungen, Eis oder dem sogenannten Eisflug aus.

Deshalb besitzen rund 13.500 der beheizten Weichen eine zusätzliche Antriebsabdeckung, die verhindert, dass vom Zug abfallende Eisklumpen die Mechanik des Weichenantriebs blockieren.

Und damit das auch an Weichen ohne diese Schutzvorrichtung möglichst nicht passiert, müssen Züge ab einer bestimmten Temperatur langsamer fahren.


Abtauen, duschen, föhnen - so befreit die DB Züge vom Eis

Zweithäufigster Grund für Ausfälle im Winter sind zugefrorenen Drehgestelle (im Bild links). An ihnen sind unter anderem Dämpfer, Federung und Radsätze befestigt, woran sich Schnee und Eis festsetzen. Das mit warmer Luft oder warmem Wasser in einer Enteisungsanlage abgetaut werden muss. Derzeit gibt es deutschlandweit zehn solcher Enteisungsanlagen für ICEs und 60 für Regionalzüge.


In diesen Anlagen wird der Schnee, der sich an den Drehgestellen unten am Zug festgesetzt hat, abgetaut. In den Enteisungsanlagen in Berlin, Dresden, Erfurt, Halle und Magdeburg geschieht das in beheizten Spezialzelten, in denen ein zusätzlicher Strom warmer Luft direkt auf die vereisten Teile gerichtet wird. In circa vier Stunde wird so das Eis vom Zug geföhnt.

ICEs werden in den Enteisungsanlagen mit 120 Liter warmem Wasser pro Minute geduscht. 39 Grad Badetemperatur hat das Wasser, das mit einem Druck von einem Bar das Eis vom Unterboden des Zuges entfernt. Rund zwei Stunden dauert dieses Procedere.


Muss es ganz schnell gehen und der Zug kann nicht erst zu einer Enteisungsanlage gebracht werden, gibt es auch mobile Enteisungsanlagen, die wie ein Fön funktionieren und mit warmer Luft das Eis vom Zug schmelzen.

Ein Zug, der enteist wird, fällt natürlich auf der Strecke erst einmal aus, weshalb die Bahn in Frankfurt für rund 800.000 Euro eine Glykol-Sprühanlage aufgebaut hat. Dort werden die ICEs mit einem auf 40 Grad Celsius vorgewärmten Glykol-Wassergemisch besprüht, damit sich erst gar kein Schnee und Eis an den Drehgestellen festsetzen können.


Mit Bäumen gegen zugeschneite Gleise

Ebenfalls im Sommer beginnt das sogenannte Vegetationsmanagement: Forstarbeiter und -arbeiterinnen entfernen seitlich der Schienen Bäume, die leicht abknicken und pflanzen und kultivieren stattdessen Eichen und Blutahorn. Hecken und Büsche entlang der Schienen sollen zusätzlich vermeiden, das Schnee die Gleise verweht.

Außerdem werden Steilhängen entlang der Bahnlinien zu Fuß oder aus der Luft inspiziert: könnte es hier zu einem Erdrutsch kommen?


Der Schienenverkehr wird also keineswegs vom "Winter überrascht", wie es oft heißt.

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