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"Im Weltall geht es nicht um Kraft, sondern um Zusammenarbeit"

Aktualisiert: 15. Juni 2023

Dr. Suzanna Randall will die erste deutsche Astronautin werden. Weltweit sind nur zehn Prozent der Astronauten weiblich, was einen großen Data Gap verursacht. Den will sie schließen und im All medizinische Forschung durchführen. Suzanna sieht keinen Grund dafür, warum Männer für den Job bevorzugt werden sollten.

credit: marek&beier


Hauptberuflich ist Dr. Randall Astrophysikerin. Sie forscht im Projekt ALMA der Europäischen Südsternwarte (ESO) - es geht um ein internationales Radioteleskop-Observatorium in den nordchilenischen Anden. Die WissenschaftlerInnen suchen nach unseren kosmischen Ursprüngen und Suzanna ist Teil des Software-Teams. Sie betreut die Daten und sichert ihre Qualität für weitere Untersuchungen.

Darüber hinaus ist sie Buchautorin, Botschafterin der Wissenschaft und trainiert, um die erste deutsche Astronautin zu werden.

Suzanna hat im Projekt Die Astronautin die Grundausbildung erfolgreich bestanden. Sie müsste u.a. Parabelflüge oder Tauchtrainings absolvieren. Der theoretische Teil besteht aus Kenntnissen über Funktion und Arbeitsweise der internationalen Raumstation. Der nächste Schritt ist dann das missionsspezifische Training als gezielte Vorbereitung für den Einsatz im Forschungsmodul der ISS.

Ihre Mission ist unter anderem die Untersuchung von Effekten der Schwerelosigkeit auf den weiblichen Körper. Das kann nur im All erforscht werden, weil man auf der Erde die Schwerelosigkeit nicht simulieren kann. Beziehungsweise nur für 20 Sekunden während einem Parabelflug. Für diese Forschung gibt es zwei Hauptbereiche: Sehorgane und Frauen-Hormonhaushalt. Laut Informationen auf der Projekt-Webseite könnte die medizinische Forschung im All signifikante Erkenntnisse gewinnen, von denen Millionen von Frauen profitieren werden.


Raumfahrt nicht massentauglich

Hauptsächlich aber die Frauen auf der Erde. Weltraumreisen wird vermutlich nicht so üblich sein, wie jetzt das Fliegen mit dem Flugzeug, denkt Suzanna. “Das kann ich mir in den nächsten Jahrzehnten nicht vorstellen. Es ist zu energieaufwendig und dadurch nicht massentauglich, da in einer Rakete nur 4 bis 5 Menschen passen.” Die Touristenflüge möchte sie aber nicht werten. “Es wird mehr AstronautInnen aus unterschiedlichen Bereichen geben, weil wir auch Künstler oder Schriftsteller im All wollen. Andersrum, eine Kolonie auf Mond sehe ich in den nächsten 10-15 Jahren als realistisch. Aber auch nur für eine kleine Menschenzahl.”

 

Dr. Suzanna Randall hat noch niemanden getroffen, die/der Weltall langweilig findet. Als Botschafterin der Wissenschaft präsentiert sie komplexe Themen (auch) für die Laien auf ZDF YouTube Kanal Terra X, unter anderem berichtet sie dort über das ALMA-Teleskop.

Aus dem gleichen Grund schrieb sie das Buch Wellenreiten im Weltall: Eine Reise durchs Universum auf den Spuren des Lichts. Weltall hat nämlich ganz konkrete Auswirkungen auf unseren Alltag. Die Autorin stellt die interessantesten Phänomene durch die Regenbogenfarben vor. Sie erklärt nicht nur die Geheimnisse von entfernten Galaxien oder Schwarzen Löchern, sondern auch was es mit unserer Mikrowelle zu tun hat. “Das Buch ist für jeden geschrieben, der nur minimum Interesse an das Weltall, an das Licht da draußen, hat. Und für alle, die nicht Physik studiert haben. Es ist meine Mission, das Wissen zu transportieren.”

 

Raumfahrt ist historisch männlich

In den USA sind 50 % der Auszubildenden für den Raumfahrt weiblich, Europa sowie Deutschland haben einen Aufholbedarf. Suzanna erklärt, dass es historisch so gewachsen ist. “Berufsastronauten, wenn wir die Business-Fahrten ausklammern, können in zwei Sparten geteilt werden - Menschen aus dem Militär oder Wissenschaftler. In der Vergangenheit wurden männliche Eigenschaften mehr gesucht. Die Weltraumfahrt hat sich aber seit dem verändert.”


Im Weltall geht es nämlich nicht mehr um Kraft und physische Leistung, sondern viel mehr um Zusammenarbeit und Teamfähigkeit. Der Großteil der Ausbildung ist Theorie, also keine körperlich anstrengenden Aktivitäten. “Wenn man sich die Tätigkeiten auf einer Raumstation anschaut, sind Frauen ebenso geeignet wie Männer. Mittlerweile geht es um die Zusammenarbeit und Wissenschaft zu betreiben. Frauen haben eher Vorteile - sie sind statistisch kleiner, essen weniger und sind dadurch günstiger!”


Frau wird in der Öffentlichkeit kritischer bewertet

“Die Astronautin” wird über Spenden und Zuwendungen finanziert, was nicht der Fall bei den männlichen Vorgängern war. Auch auf Grund der Finanzierung ist aktuell unklar, wann Suzanna endlich ins All fliegen wird. Dieses Thema war bei ihr vorher nicht präsent. “In meiner Gruppe in ALMA sind wir recht gut aufgestellt - 5 von 13 Forschern sind Frauen, für die Astrophysik sehr gut und so habe ich nicht das Gefühl Exotin zu sein. Bei ESO ist es selbstverständlich.” Das ist allerdings in ihrem “Nebenjob” als Astronautin anders.

“Erst als ich mit der Gesellschaft als Astronautin und Wissenschaftlerin in Kontakt getreten bin, kamen viele Kommentare wie: “Die Frau will uns jetzt Wissenschaft erklären”. Ich versuche es nicht heranzulassen. Aber trotzdem ist es nicht schön. Frau muss in der Öffentlichkeit mehr aufpassen, weil gefühlt alles, was sie tut, doppelt oder dreifach kritisch bewertet wird.”


Sie gibt auch offen zu, sie sei für eine Quote für bestimmte Berufe - mindestens kurzzeitig, bis sich die ersten Frauen durchsetzen. "Wir müssen es proaktiv angehen. Ich habe vor 20 Jahren schon gedacht, es ist die Zeit der Frauen. Es hat sich was getan, aber nicht so viel, wie man hätte hoffen können.”






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