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Mobilität entscheidet über Teilhabe

Für Menschen ohne körperliche Einschränkungen ist Mobilität eine Selbstverständlichkeit. Sie entscheiden sich für die Mobilitätsangebote, die besonders praktisch, günstig oder schnell verfügbar sind. Oder die ihnen Spaß machen.

Für Menschen mit einer Behinderung entscheiden die Mobilitätsangebote vor Ort und die Barrierefreiheit darüber, ob und wie sie ihren Alltag selbstständig gestalten können.


Am 18. Mai ist deutscher Diversity Tag der Charta der Vielfalt, die sich für Diversity in der Arbeitswelt einsetzt-. Mit Diversity sind in dem Zusammenhang nicht nur verschiedene Geschlechter gemeint, sondern auch verschiedene Altersgruppen, Nationalitäten, Religionen, sexuelle Orientierungen sowie die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen.


Der #MobilityMonday beschäftigt sich anlässlich des Diversity Days und den dazu stattfindenden Aktionen den gesamten Monat Mai ausschließlich mit Herausforderungen, Tatsachen, Mobilmacher*innen und Lösungen rund um die Mobilität von Menschen mit körperlichen Einschränkungen.


Los geht's mit einer Bestandsaufnahme in der Region Rhein Ruhr, wo der #MobilityMonday zu Hause ist:


Wie viele Menschen in NRW gelten als behindert - und was bedeutet das?

In Nordrhein-Westfalen leben 17,93 Millionen Menschen. Rund 1,91 Millionen davon sind laut dem VDK Nordrhein-Westfalenoffiziell schwerbehindert. Allerdings ist niemand verpflichtet, eine Behinderung bei den Behörden anzuzeigen oder einen Schwerbeschädigtenausweis zu beantragen. Insofern zeigen entsprechende Statistiken oft nur einen kleinen Ausschnitt.

Als Behinderung gelten unter anderem Verzögerungen in der geistigen Entwicklung, psychische Krankheiten aber auch Herz-/Kreislaufleiden und Organschäden oder Krankheiten wie Diabetes. Wer sehbehindert oder blind, hörgeschädigt oder taub ist, gilt ebenfalls als behindert. Genauso wie ein Mensch, dessen Bewegungsapparat nur (noch) eingeschränkt - oder gar nicht (mehr) funktioniert. Wie schwer ein Mensch durch seine Behinderung in seinem Alltag eingeschränkt ist, wird im sogenannten GdB., dem Grad der Behinderung angegeben.



Die häufigste Behinderung in NRW: Funktionseinschränkung der Beine

Laut NRW-Statistik sind die meisten Menschen von Funktionsstörungen der Beine und Gliedmaßen allgemein, der Wirbelsäule sowie neurologischen Ausfällen am Bewegungsapparat betroffen. Die meisten Menschen mit körperlichen Einschränkungen in NRW können also nicht mehr - oder zumindest nicht gut - selbstständig gehen.


Behinderte Menschen machen seltener Abitur oder eine Ausbildung

Der VdK-Landesband NRW beklagt, dass Menschen mit einer Behinderung schlechtere Chancen bei der Ausbildungsplatz-suche haben. Während die Zahl der Auszubildenden zwischen 2010 und 2016 insgesamt um rund 31 Prozent zugenommen hat, sank die derjenigen mit Behinderung im gleichen Zeitraum um 25 Prozent.

Außerdem würden Jugendliche mit einer Behinderung deutlich seltener das (Fach-)Abitur machen, als Gleichaltrige ohne Beeinträchtigung. Vorstandsvorsitzender Horst Vöge spricht von einem Unterschied von mehr als 50 Prozent.


Menschen mit Behinderung haben Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt

Menschen mit Mobilitätseinschränkungen stoßen täglich auf Hindernisse. Überall. Und damit sind nicht bloß Treppen und defekte Fahrstühle gemeint. Bei der Wohnungssuche beispielsweise haben Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gemäß dem Wohnungsmarktbarometer der NRW Bank aus dem Jahr 2020, die geringsten Erfolgsaussichten.


(Fach-)Arztpraxen sind selten barrierefrei

Auch die Wahl des Zahnarztes oder der Psychotherapeutin (und natürlich auch anderer Fachärzte) hängt für Menschen mit einer Behinderung nicht nur davon ab, wo es den nächsten freien Termin gibt.


Menschen mit Behinderung haben weniger soziale Kontakte

Wer auf Hilfe angewiesen ist, nicht spontan das Haus verlassen kann, trifft nicht nur seltener neue Leute. Auch der Kontakt zu Verwandten und Freunden ist vergleichsweise seltener.


Trotz Vorgaben, Bauordnung, Landesgesetzen und Zielvereinbarungsregistern sind noch nicht alle „bauliche Anlagen, öffentliche Wege, Plätze, Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel“ bereits barrierefrei gestaltet. So heißt es im Teilhabebericht Nordrhein-Westfalen 2020. Auch seien nicht alle „Wohnangebote so gelegen […], dass die Menschen am Leben in der örtlichen Gemeinschaft teilhaben können.“


Auch der ÖPNV ist nicht (überall) barrierefrei

Das gilt leider auch für die Mobilitätsangebote an Rhein und Ruhr: 610 von 701 Bahnhöfen in NRW erfüllen „noch nicht alle Merkmale einer uneingeschränkten Barrierefreiheit.“

Und an nur etwa 40% der Bahnsteigkanten „ist ein niveaugleicher Einstieg in das Fahrzeug möglich. Mittelfristig soll sich dieser Anteil auf 60% erhöhen“, so steht es zumindest im Teilhabebericht.

Selbst in Großstädten sieht es für mobilitätseingeschränkte Personen nicht zwangsläufig besser aus: In Ballungszentren ergeben sich durch das hohe Fahrgastaufkommen kürzere Türöffnungs- und Aufenthaltszeiten an den Haltestellen. Hinzu kommen „situativen Barrieren“ wie z.B. kaputte Aufzüge oder Anzeigetafeln. Auch die Mitnahme von Hilfsmitteln ist in Bus und Bahn oft schwierig.

Und bei Um- und Neubauten von Haltestellen, bei denen auf Barrierefreiheit geachtet werden muss, geht nicht immer alles gut. Beim Umbau der Haltestelle Ostwall/Rheinstraße in Krefeld zum Beispiel wurde zwar an Blindenleitsysteme gedacht; um aber zu erfahren, wann die nächste Bahn kommt, müssen Fahrgäste sehen können.

Bilder: Reiner Franken

Die Bahnen haben außerdem keine festen Haltepunkte. Auch eine entsprechende Ansage, wo die nächste Bahn hält und wohin sie fährt, gibt es nicht, wie Rainer Franken erzählt. Er ist stark sehbehindert und hat sich für den Blinden- und Sehbehindertenverband Nordrhein e.V. in einem Podcast mit den Hürden im Alltag Sehbehinderter auseinandergesetzt.

„Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Deshalb müssen wir die Teilhabe am ÖPNV für alle sicherstellen. Wir fördern den Ausbau zu barrierefreien Haltestellen, damit Bus und Bahn ohne fremde Hilfe problemlos erreichbar sind.“

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst


Ziele und Herausforderungen für die Mobilität in NRW


Das Verkehrsministerium des Landes NRW förderte bereits 2019 den Aus- und Umbau von ÖPNV-Haltestellen mit knapp 18 Millionen Euro. Für die beiden kommenden Jahre hat sich Verkehrsminister Wüst weitere Ziele zur Förderung der Teilhabe gesetzt.


  • 2022: Aufgabenträger müssen dafür sorgen, dass Straßenbahnen, Busse und der Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen bis zum 1. Januar 2022 vollständig barrierefrei sind.

  • 2023: Die Deutsche Bahn muss dafür sorgen, dass bis 2023 80 Prozent aller Bahnstationen in NRW barrierefrei ausgebaut werden.


Die große Herausforderung heißt aber auch: Barrierefreiheit für alle. Barrierefreiheit wird oft an den Bedürfnissen von Menschen mit Mobilitäts- und Sehbeeinträchtigungen bemessen. Barrieren in der Zugänglichkeit des öffentlichen Personenverkehrs für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen sind dagegen kaum präsent. Diese benötigen z.B. Sichtanzeigen mit aktuellen Informationen am Gleis oder im Fahrzeug oder Informationsschalter mit induktiver Anlage, die das gesprochene Wort in das Hörgerät überträgt. Auch die bisher gängigen Notruf-Möglichkeiten und Alarmsignale sind für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen kaum nutzbar. Auch für Menschen mit kognitiven Einschränkungen muss mehr getan werden, damit sie sich selbstständig im Alltag bewegen können.







MOBILITY NEWS

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