„Wenn die Mobilitätswende nicht funktioniert, liegt es oft an der Kommunikation“
- womeninmobility
- vor 5 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Worte bewegen – vor allem in der Mobilität. Das neue Framework von Lots* zeigt, wie strategische Kommunikation echte Veränderungen bewirken kann. Wir haben mit den Menschen hinter dem Modell gesprochen – und laden euch zu einem Blick hinter die Kulissen ein.

„Wir wollen das Auto aus der Stadt verbannen!“ vs. „Wir möchten, dass sich auch Kinder in einer Stadt selbstständig und sicher von A nach B bewegen können, deshalb setzen wir auf mehr Fußgängerzonen und Radwege“: Zwei Aussagen zum gleichen Thema – und doch könnten die Reaktionen darauf kaum unterschiedlicher sein. Der Ton macht eben die Musik. Das gilt auch in der Mobilität. Denn ob Menschen bereit sind, ihr Verhalten zu ändern, hängt stark davon ab, wie wir mit ihnen darüber sprechen. Genau hier setzt das neue Framework an, das Lots* Gesellschaft für verändernde Kommunikation gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen sowie Fachleuten aus der Praxis entwickelt hat. Das Ziel: herausfinden, wie Kommunikation strategisch so gestaltet werden kann, dass sie nicht nur informiert, sondern wirklich etwas bewegt. „Wir begleiten Veränderungsprozesse – aber wenn die Mobilitätswende nicht funktioniert, liegt das oft nicht an der Idee, sondern an der Art der Kommunikation“, sagt Franziska Ilbring von Lots*. Die neue S-Bahn-Strecke bringt gerade den Anwohnenden nämlich zunächst einmal nur Lärm und Dreck, der Nutzen zeigt sich erst nach Abschluss der Bauarbeiten. Deshalb werden große Bauprojekte nur selten euphorisch begrüßt.
Nudging: Menschen anschubsen, ohne zu stoßen
Aber auch bei kleinen Veränderungen gilt: schlecht kommuniziert, wird sich Widerstand regen. Weil Informationen fehlen, der Nutzen nicht klar ist oder die Menschen sich bevormundet fühlen. Ein zentrales Element des Frameworks ist deshalb das Konzept des Nudgings. Gemeint sind Maßnahmen, die Entscheidungen in eine gewünschte Richtung lenken, ohne dabei auf Zwang oder Verbote zu setzen. Stattdessen werden gezielt positive Anstöße gegeben – kleine Schubser, die das Verhalten sanft verändern.
„Nudging funktioniert dann gut, wenn ich weiß, wo die Person auf ihrem Entscheidungsweg steht“, erklärt Dr. Jutta Deffner vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). „Bin ich noch ganz am Anfang – oder habe ich schon beschlossen, dreimal pro Woche Rad z.B. zur Arbeit zu fahren?“
Genau hier setzt das Framework an: Es strukturiert Kommunikationsmaßnahmen entlang typischer Entscheidungspfade – vom ersten Problembewusstsein bis zur Evaluation. Jutta ist eine der Forschenden, die am Framework mitgearbeitet haben. Gemeinsam mit Prof. Dr. phil. habil., Dipl.-Psych. Sebastian Bamberg (Fachhochschule Bielefeld) , Prof. Dr.-Ing. André Bruns (Hochschule Rhein-Main) und Prof. Dr. Katharina Klug (Hochschule Ansbach) hat sie sich wissenschaftlich mit dem Mobilitätsverhalten von Menschen auseinandergesetzt: Was ist in München anders als im Sauerland? Welche Ansätze wirken wie? Wo gibt es gute Fallbeispiele zu gelungener Kommunikation? „Aus den Fragen könnte man auch gut ein dreijähriges Forschungsprojekt machen“, sagt Jutta und lacht.
Eure Fragen zum Thema beantwortet sie euch gemeinsam mit Bernd Ivanschitz von den Wiener Linien und Franziska von Lots‘ am 11.6. bei unserem digitalen #LunchUp.

Die Ergebnisse der Forschenden wurden mit Fachleuten aus der Praxis geteilt: mit Expert*innen von DB Regio, nextbike, den Wiener Linien und verschiedenen Städten. In mehreren Praxisworkshops testeten sie die Theorien an realen Situationen.
Wir haben über sehr unterschiedliche Ansätze diskutiert und dann das Stufenmodell auf bestimmte Aufgaben fokussiert. Zum Beispiel Angebotsplanung im ÖPNV oder Straßenraumumgestaltung.
Dr. Jutta Deffner vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE)
Das Framework bietet ein vierstufiges Modell, um Mobilitätskommunikation gezielt zu planen – von der Zielgruppenanalyse über Maßnahmenentwicklung bis zur Wirkungskontrolle. Zum Beispiel sollen Mobilitätsgestalterinnen und -gestaltern damit leichter Personen identifizieren und erreichen können, die zu Veränderungen bereit sind. So sollen Streuverluste vermieden und eine kosteneffiziente Kommunikation erreicht werden, deren Ergebnisse messbar und transparent sind. „Was das Framework besonders macht: Es ist kein theoretisches Konstrukt, sondern sofort anwendbar – und es macht sichtbar, was Kommunikation wirklich leisten kann“, sagt Kommunikatorin Franziska.
Die Fachleute aus der Praxis arbeiten bereits mit dem Framework, das allen anderen ab dem 11. Juni zur Verfügung gestellt wird. Bei unserem digitalen #MoveUp am Abend des 11. Juni beantworten sie eure Fragen dazu.

Alle, die es nicht zu einer der beiden Veranstaltungen schaffen, können das Framework ab dem 11.6. hier herunterladen. Die Ergebnisse und Quellen gibt es dort zum Selbststudium – inklusive Canvas und Vorlagen für Prozesse und Methoden.
Comments