Wir waren 53 Fahrer, davon fünf Frauen und ich war die erste Frau, die da vorne als Disponentin saß
- womeninmobility
- 20. Okt.
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Busfahren liegt bei Meike de Wall in der Familie: Opa, Vater und Mutter saßen am Steuer. Heute arbeitet sie hauptberuflich im Büro, fährt aber nebenbei weiterhin Bus – aus reiner Leidenschaft. Ein Gespräch über einen Beruf, den sie trotz aller Herausforderungen liebt.

Meike de Wall ist Busfahrerin in dritter Generation. Schon ihr Opa fuhr Bus, genau wie ihre Eltern. Am Girls Day begleitete sie ihren Großvater regelmäßig auf seinen Fahrten durch Wolfshagen und Goslar. Diese frühen Erfahrungen prägten sie: "Ich wusste, dass man rund um die Uhr fährt von morgens bis abends bis nachts fährt, Samstag, Sonntag, Feiertag - immer ist der Bus am Rollen."
Während ihrer Schulzeit absolvierte sie drei Praktika bei den Stadtwerken Osnabrück: zwei im Bereich Fachkraft im Fahrbetrieb (in der Werkstatt, auf dem Bus und im Büro) und eines im Beschwerdemanagement. „Das hat mir wirklich Spaß gemacht“, sagt Meike. Trotzdem war für sie schnell klar: sie folgt der Familientradition und wird Busfahrerin.
Also absolvierte sie bei den Stadtwerken eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb. Die FiF fahren Bus und Bahn, organisieren Fuhrparks von Verkehrsunternehmen, planen den Personaleinsatz oder arbeiten bei der Fahrplangestaltung, der Öffentlichkeitsarbeit oder dem Marketing der Verkehrsbetriebe mit.
Im technischen Service sorgen sie für die Betriebs- und Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge. Die breitgefächerten Kenntnisse der Ausbildung haben Meike überzeugt.
Die Ausbildung ist cool, weil du nicht nur Bus fährst. Du lernst auch das Drumherum kennen: die Disposition, was macht ein Fahrdienstleiter? Was macht ein Betriebsleiter, was passiert in der Werkstatt? Du hast eine Ausbildung, die breit aufgestellt ist, mit der du später alles Mögliche machen kannst: Disponentin, Fahrdienstleiterin, Bürokauffrau, Einzelhandel, Werkstatt: die Qualifikation dazu hast du.
Meike de Wall
Meike verbrachte die ersten sechs Jahre ihrer Berufslaufbahn am Steuer. Während der Corona-Pandemie verlor sie jedoch den Spaß daran. Nicht wegen des Fahrens, sondern wegen andauernder Diskussionen mit Fahrgästen zur Einhaltung der Maskenpflicht.
Also wechselte sie in die Disposition zu einem Verkehrsunternehmen nach Ibbenbüren. Als Ansprechpartnerin für Fahrpersonal und Schulen vor Ort, für Diensttausche und Urlaubsplanung war sie das Bindeglied zwischen allen Beteiligten. "Wir Disponenten sind die Mädchen für alles", beschreibt sie ihre damalige Rolle. Besonders die Urlaubsplanung lag ihr am Herzen: "Du musst halt gucken was hatte der Kollege letztes Jahr, was gibst du ihm dieses Jahr? Du musst gerecht sein.“
Die einzige Frau im Team
Bei ihrem Arbeitgeber in Ibbenbüren war sie die erste Frau in der Rolle der Disponentin. „Wir waren so 53 Fahrer, davon fünf Frauen, und ich war die erste Frau, die da vorne als Disponentin saß“, sagt sie. Sie organisierte Dienste, Vertretungen und Urlaubspläne. Das habe ihr Spaß gemacht. Auch den Druck habe sie gemocht.

Wenn der Dienstplan schon längst stand, ein Kollege krankheitsbedingt ausfiel und sie auf die Schnelle umorganisieren musste, das gefiel Meike.
Trotzdem wechselte sie nochmal, zur Westfälischen Verkehrsgesellschaft mbH (WVG). Dort arbeitet sie jetzt als Administratorin für deren Dispositionsprogramm. Wieder als einzige Frau in einem sechsköpfigen Team. Schon in ihrer Ausbildung und später dann im Fahrdienst war Meike eine von ganz wenigen Frauen. Viele Frauen könnten nicht nachvollziehen, warum sie Bus fahren cool findet, erzählt sie. Das gelte selbst heute noch für manche Kolleginnen in der Verwaltung. Auf ihrem Schreibtisch stehen viele kleine Miniaturbusse, Geschenke von Familienmitgliedern und Kollegen. Viele mitpersönlichem Hintergrund, wie der Lion Coach Reisebus für die Löwin Meike. Oder der Sunset Tours-Bus, den sie zum Abschied von einem Kollegen bekam, weil nun ihre Sonnenzeit beginne.
Nur im Büro zu arbeiten ist nichts für Meike
Ihr aktueller Aufgabenbereich umfasst die Betreuung aller Betriebshöfe des Unternehmens - von Stadtlohn und Ibbenbüren im Münsterland über Beckum und Soest bis nach Arnsberg und Brilon im Sauerland. Zusätzlich organisiert sie gemeinsam mit einer Kollegin Events der WVG. „Das Sommerevent haben wir schon hinter uns. Jetzt kommt demnächst der jährliche Adventsgang mit Glühweinwanderung und einem Restaurantbesuch. Das zu organisieren macht großen Spaß.“
Trotzdem: Wenn sie nur im Büro arbeite, fehle ihr etwas. „Ich wollte unbedingt noch weiterhin Bus fahren“, sagt sie. Deshalb fährt sie neben ihrem Bürojob auf 520 Euro-Basis im Nebenberuf für ein Verkehrsunternehmen in Osnabrück Linienbus. Meistens übernimmt sie den Tankdienst, also das Betanken und Waschen der Fahrzeuge, sowie Fahrten in Randzeiten oder samstags und sonntags. „An sich würde ich auch öfters gerne Bus fahren, erst recht, wenn wie jetzt die Grippe rumgeht und der Krankenstand hoch ist, aber das funktioniert natürlich nicht immer, weil ich neben meinem Hauptjob natürlich auch noch private Termine habe.“
Natürlich ärgert man sich oft im Straßenverkehr und ich muss mir manchmal ein „Fahr doch!“ oder „Pass doch auf, du Idiot“ verkneifen. Ich sitze schließlich nicht allein im Bus.
Meike de Wall
Schwierige Fahrgäste, unverständige Autofahrer, die Busse nicht aus Haltestellen lassen, Stau, Ticketverkauf im Fahrzeug und die Tatsache, dass Busfahrer bei Unfällen oft automatisch die Schuldigen seien. „Das nervt mich an dem Beruf, aber trotzdem liebe ich ihn“, sagt Meike.




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