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Heiko Nowicki ist Ansprechpartner für gehörlose Fahrgäste

Aktualisiert: 17. Mai 2021

Wenn es um Inklusion von Menschen mit Behinderung geht, richten sich viele

Maßnahmen an Menschen, die nicht (gut) sehen können oder einen Rollstuhl

benutzen. Heiko Nowicki, Kundenbetreuer bei der Bochum-Gelsenkirchener

Straßenbahn AG, wollte etwas für gehörlose Passagiere tun – und hat begonnen

Gebärdensprache zu lernen.



Heiko Nowicki, Kundenberater bei der BOGESTRA spricht Gebärdensprache.

Auch wegen eines Films. Als er 2008 bei der Bochum-Gelsenkirchener

Straßenbahn anfing, stellte er nämlich fest, dass einige seiner Kund*innen gehörlos

waren und er sich nur mit Zettel und Stift verständigen konnte. Was er als

unbefriedigend empfand - für sich und seine Kund*innen.


Fortlaufend kam mir wieder dieser Film aus den 80ern in den Sinn: Children of a lesser God, in dem Marlee Matlin mit solch einer agitativen Vehemenz gebärdete. Dazu diese Filmmusik: Bachs großartiges Konzert für 2 Violinen – einfach toll! Seitdem hatte ich diese Idee im Kopf, es irgendwann mal selbst zu können.

Heiko Nowicki


Nowicki sprach daraufhin seine Teamleiterin Barbara Sdunnus an. Gemeinsam mit

der Personalabteilung bei der BOGESTRA fiel die Entscheidung: Wenn die Kund*innen Gebärdensprache sprechen, dann lernt Kundenberater Nowicki eben

auch Gebärdensprache. Und ab ging’s zum Sprachkurs - dem DGS-Aufbaukurs I-III -

bei der Mülheimer Transignum Agentur für Gebärdensprachdolmetschen GbR. Die

Kosten hat die BOGESTRA übernommen. Nowicki stellt jetzt schließlich - in Persona - ein zusätzliches Angebot im Bereich Kundenservice dar.

 

In NRW leben laut dem statistischen Landesamt rund 280.000 hochgradig

schwerhörige und 12.000 gehörlose Menschen. Wenn sie mit Hörenden

kommunizieren wollen - dem Busfahrer, der Fahrkartenkontrolleurin oder anderen

Fahrgästen an einer Haltestelle - gibt es schnell Verständigungsprobleme. “Wenn

unsere Fahrer*innen wichtige Durchsagen machen, z. B. dass sich die Weiterfahrt

verzögert, dass das jetzt die Endhaltestelle ist oder ähnliches, ist es vermutlich

schwierig, das nachzuvollziehen”, sagt Nowicki.

 

Durch die Corona bedingte Maskenpflicht seien gehörlose Kunden aktuell besonders

aufgeschmissen, erzählt Nowicki. Diejenigen, die darauf angewiesen sind, die

Lippenbewegung ihres Gegenübers zu lesen, bleiben wegen der OP- und FFP2-

Masken oft ratlos zurück.


“Ich hatte - bevor Corona uns die Maskenpflicht einbrachte - etwa einen bis maximal

zwei persönliche Kontakte zu Gehörlosen innerhalb einer Woche”, sagt er. Dadurch,

dass die Kontaktaufnahme durch die Masken praktisch verhindert werde, reduzierten

sich auch seine Kontakte zu den hörgeschädigten Kund*innen. „Zurzeit tragen viele

unserer hörgeschädigten Kunden, aus einem Gefühl der Verantwortung (für sich und

andere Fahrgäste) eine Maske, obwohl sie und ihre Begleitpersonen von der

Tragepflicht entbunden sind!“


Zuvor habe er auch in der Bahn immer mal wieder gehörlose Fahrgäste

angesprochen und in Gebärdensprache ein Gespräch begonnen. 

“Soweit, dass ich mich fließend unterhalten kann, bin ich leider noch nicht”, sagt

Nowicki. “Treffe ich auf hörgeschädigte Fahrgäste, meist in unseren Fahrzeugen,

dann läuft das Szenario folgendermaßen ab:


1. Ich sage Hallo …

2. Entschuldige mich für die Störung ….

3. Stelle mich vor und frage, wie der Fahrgast heißt …

4. Stelle klar, dass ich hören kann …

5. und frage mein Gegenüber ob er/sie ertaubt ist …

6. Erkläre, dass ich gerade dabei bin, die Gebärdensprache zu lernen …

7. Werde häufig danach gefragt, wo das stattfindet …

8. Ich antworte darauf, dass die Kurse in Mülheim stattfinden und wer

mein(e) Lehrer*in ist …”


Bisher seien alle Reaktionen durchweg positiv ausgefallen. “Wirklich sämtliche

hörgeschädigten Kunden haben sich hinterher für die „nette Unterhaltung“ bedankt.”

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