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„Ich fördere meine Mitarbeiter, verbessere das Werkstattleben und versuche, digitaler zu denken."

Vanessa Grischkewitz hat sich schon immer für Autos und Technik interessiert. Als Kind wollte sie Feuerwehrfrau werden. Heute ist sie Teamleiterin und verantwortet die Zentralwerkstatt Kraftfahrzeuge bei der Bogestra. Außerdem setzt sich aktiv dafür ein, mehr Frauen für die Werkstattberufe zu gewinnen.


Vanessa Grischkewitz in der Buswerkstatt
Vanessa Grischkewitz in der Buswerkstatt

Seit August 2022 ist Vanessa Grischkewitz für die Zentralwerkstatt für den Busbereich der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG verantwortlich. Damit ist sie nicht nur seit zehn Jahren die erste Frau im Werkstattbereich am Standort Gelsenkirchen- Ückendorf, sie ist auch die erste Teamleiterin im Bereich Handwerk bei der Bogestra überhaupt. „In einer anderen Werkstatt haben wir noch eine Mitarbeiterin, die schon lange da ist und wir haben jetzt zwei Azubinen, die sind echt top“, sagt sie. Aber grundsätzlich sind Frauen in den Werkstattberufen – ob für Busse oder Bahnen, bei den elektrotechnischen Jobs genau wie bei den Holz- oder Metall verarbeitenden Berufen – eine Seltenheit.

Als Kind wollte ich eigentlich immer Feuerwehrfrau werden. Da sind ja auch große Fahrzeuge. Den Berufswunsch konnte ich mir aber irgendwann abschminken, weil ich mit 14 Jahren Knieprobleme gekriegt habe.

Vanessa Grischkewitz, Teamleiterin Zentralwerkstatt Kraftfahrzeuge bei der Bogestra


Vanessas Interesse an Autos und LKWs begann schon als Kind. Als sie in der achten Klasse ein Schulpraktikum absolvieren musste, rieten ihr ihre Eltern deshalb, ein Praktikum in einer Werkstatt zu machen. Sie ging für drei Wochen zu Remondis in die LKW-Werkstatt, wo sie schweißen lernte und wie man mit großen Fahrzeugen umgeht. „Ich fand das sehr interessant, weil der Job so vielfältig war und hätte dort gerne angefangen. Leider ging das nicht, weil es dort keine Umkleiden, Duschen oder Toiletten für Frauen gab. Ich musste mich während meines Praktikums in der Männerumkleide umziehen“, erzählt sie. „Ich fand das wirklich schade, dass ich da keine Ausbildung machen konnte, weil ich mit denen echt super klar kam.“


Weil ihr Vater bei der Bogestra Gruppenleiter in der Bahn-Werkstatt ist und auch schon ihr Opa für die Bogestra arbeitete, begann sie dort 2016 ihre Ausbildung zur KFZ-Mechatronikerin. Anfangs habe es sie noch eingeschüchtert, dass sie sowohl in der Berufsschule als auch in der Werkstatt die einzige Frau war. Ende Januar 2020 beendete sie ihre Lehre als eine Besten des Jahrgangs. Heute ist sie in ihrem Team die einzige ausgelernte Frau.

Nach der Ausbildung kam ich in die Antriebstechnik. Hab da dann zweieinhalb 3 Jahre quasi in der Werkstatt gearbeitet und dann letzten Jahres Ende April meinen Meister angefangen. Der Meister wird auch von der Bogestra unterstützt.

Vanessa Grischkewitz, Teamleiterin Zentralwerkstatt Kraftfahrzeuge bei de Bogestra


2022 wurde sie gefragt, ob sie nicht die Teamleitung in der Zentralwerkstatt übernehmen wolle. Wegen ihres Alters, ihrer mangelnden Erfahrung und der Tatsache, dass es sich um einen Bürojob handelt, zögerte sie zunächst, die Stelle als Teamleiterin anzunehmen. Doch schließlich habe sie sich durchgerungen. „Ich hätte nie gedacht, dass ein Bürojob so spannend und vielfältig könnte“, sagt sie. „Als Werkstattmitarbeiterin hat man ja nie wirklich mitbekommen, was hinter Anordnungen steckt. Jetzt erfahre ich die Hintergründe.“

Trotzdem hatte Vanessa anfangs Schwierigkeiten mit den personalwirtschaftlichen Aspekten der Stelle. Sich auf verschiedene Charaktere und deren Befindlichkeiten einzustellen, das habe sie erst lernen müssen.

Auch sei sie bei einigen ihrer Kollegen in der Werkstatt auf Widerstad gestoßen, erzählt sie. Ohne die Unterstützung des vorherigen Teamleiters, der zum Werkstattleiter aufgestiegen sei sowie eines weiteren Werkstattleiters, hätte sie die ersten zwei Monate als Führungskraft nicht gut überstanden, sagt sie.

Heute mache es ihr großen Spaß, an der Entwicklung der Werkstattmitarbeiter beteiligt zu sein. „Ich bin ja immer dran, meine Mitarbeiter zu fördern und generell das Werkstattleben zu verbessern und digitaler zu denken“, sagt Vanessa. Nur das operative Arbeiten in der Werkstatt, das fehle ihr.


Einen typischen Arbeitstag gibt es nicht

Sie komme morgens gegen sechs ins Büro, checke ihre E-Mails und mache ab sieben Uhr ihre Runde durch die Werkstatt. „Wenn Zeit dafür ist, quatsche ich ein bisschen mit den Kollegen, dann bearbeite ich eventuell Stundenzettel und dann kommt der Alltag auf mich zu: Termine, Projekt-Meetings …“ beschreibt Vanessa ihre aktuellen Aufgaben.

Einen typischen Arbeitstag mit klassischem Ablauf habe sie nicht. Wohl aber Projekte, die sie regelmäßig beschäftigen. „Die Busse zum Beispiel schicken Daten raus und ich habe die Elektriker in meinem Team, die sich darum kümmern. Da gibt es in letzter Zeit Probleme, die Datenübertragung funktioniert nicht richtig. Da sitze ich dann in Terminen und muss herausfinden, woran das liegt“, erklärt sie. Weitere langfristige Projekt seien die Elektrifizierung der Busflotte sowie die Digitalisierung der Arbeitsprozesse und Tools. „Bei uns im Betrieb sind wir im Moment dran, uns weiterzuentwickeln und Systeme auszuarbeiten. Demnächst kommt auf jeden Fall ein Projekt, bei dem Tablets und Diensthandys eingeführt werden“, sagt Vanessa.

Sie und ihre Kollegen seien hier im ständigen Austausch mit anderen Betrieben. Ihr selbst mache es Spaß, die technische Entwicklung live mitzuerleben und zu begleiten. Auch viele Mitarbeitenden seien den Veränderungen gegenüber offen. „Viele haben woanders gesehen, dass in den Werkstätten mit Tablets gearbeitet werden und haben gefragt: Was ist denn hier mit Tablets? Es gibt aber auch Leute, die davor Hemmungen haben.“ Diese Mitarbeitenden vom Nutzen der Digitalisierung zu überzeugen, gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben.


Frauenumkleiden und Unterstützung von Familie und Freunden

Vanessa ist nicht nur Teamleiterin, sie ist auch Mitglied des Arbeitskreises Chancengleichheit/Speed-Dating und setzt sich aktiv dafür ein, mehr Frauen für Werkstattberufe zu gewinnen. Sie freue sich über jede Frau, die „Bock auf den Job hat und zeigt, dass sie bei uns arbeiten will.“

Damit Werkstattjobs für Frauen attraktiver werden, müssen zuallererst die Unternehmen für Arbeitsplätze und Bedingungen sorgen, die für Frauen geeignet sind. Konkret bedeutet das, dass Umkleiden, Duschen und Toiletten für Frauen vorhanden sein müssen.

„In Ückendorf ist das gar kein Thema. Wir haben eine Umkleide, wir haben Duschen, einen eigenen PC-Bereich und dann noch separat in der Etage nochmal Toiletten und unten in der Werkstatt Toiletten für die Damen, weil da auch die Ausbildungsstätte ist“, sagt sie. An anderen Standorten oder in anderen Werkstätten sei das nicht immer gegeben, wie Vanessa als Schülerpraktikantin erfahren musste. Auch später habe sie während ihrer Ausbildung einen Standort nicht durchlaufen können, weil es dort keine Umkleidebereiche für Frauen gab. „Das ist jetzt in Planung, dass da jetzt auch eine Damenumkleide hinkommt“, sagt sie. Es sei aber auch immer noch so, dass sich Frauen in Werkstattberufen auf Sprüche einstellen müssten.


„Da heißt es dann: Du bist eine Frau, du kannst das nicht. Dabei kann ich genauso gut was anheben wie andere. Klar, bei manchen Sachen braucht man halt Hilfe wegen der Größe oder wegen der Kraft, das ist gar keine Frage, aber das passiert denen auch.“

Vanessa Grischkewitz, Teamleiterin Zentralwerkstatt Kraftfahrzeuge bei de Bogestra


Auch hier sind die Unternehmen gefragt. Sie müssen für ein Arbeitsklima sorgen, in dem sich niemand wegen seines Geschlechts, seines Alters, seiner Herkunft, seiner Religion oder sexuellen Orientierung „auf Sprüche einstellen“ muss. Drittens hilft es, wenn Schülerinnen, Studentinnen und potenzielle Quereinsteigerinnen bei Schnuppertagen, Praktika und Ähnlichem einen Blick in die Werkstätten werfen können.

Andererseits spiele auch das Umfeld junger Frauen eine wichtige Rolle, wie Vanessa sagt. „Hätten meine Eltern damals in der achten Klasse nicht gesagt: „Probier das doch mal aus“, dann wäre ich nicht zu Remondis und auch später nicht in die Werkstatt gegangen. Weil es eine Männerdomäne ist.“




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