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„Jetzt denke ich mir oft: Hier müsste eigentlich saniert werden.“

Valerie Stanikowski hat ursprünglich Germanistik und Kunstwissenschaften studiert. Dann entschied sie sich für einen sicheren Job im öffentlichen Dienst und machte eine Ausbildung zur Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik beim Landesbetrieb Straßenbau NRW. Jetzt plant sie die Sanierung einer Bundesstraße in Nordrhein-Westfalen.


Deutschland baut. Radwege, Umgehungsstraßen, Brücken, Schienen, Sanierungen, neue Autobahntrassen: was und wo gebaut wird, regelt der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030). Er gilt als wichtigstes Instrument der Verkehrsinfrastrukturplanung.

 

Der BVWP 2030 bestimmt, welche Straßen, Gleise und Wasserwege der Bund die nächsten 10 bis 15 Jahre erhalten oder ausbauen soll. Bis zum Jahr 2030 will das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 270 Milliarden Euro in Ausbau und Sanierung der Infrastruktur investieren. Davon gut die Hälfte in die Bundesfernstraßen, 42 Prozent in den Ausbau der Schieneninfrastruktur und neun Prozent in Wasserstraßen.

 

Der Plan regelt aber nur, welche Verkehrswege gebaut oder saniert werden sollen – und für wie viel Geld. Für die Umsetzung sind Menschen wie Valerie Stanikowski zuständig.


Ihr Job ist es, vor Baubeginn Fragen zu beantworten wie:

  • wie groß wird eine Kreuzung?

  • müssen für eine Sanierung Haltestellen versetzt werden?

  • müssen Verkehrsdaten erhoben werden?

  • wie lang muss der Linksabbiege(r)spur sein?

  • müssen Bäume gefällt werden?

  • wie muss das Gefälle einer Straße sein, damit Regenwasser ablaufen kann?

Dabei hatte Stanikowski mit Straßenbau zunächst gar nichts im Sinn. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik und Kunstwissenschaften. Bis sie feststellte, dass ihr die Berufsaussichten für ihren Geschmack zu unsicher waren. „Der damalige Freund meiner Schwester hat bei Straßen NRW die Ausbildung zur Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik gemacht, daher wusste ich von dem Job“, sagt sie.

Straßenbau, öffentlicher Dienst, Tariflöhne – das klang deutlich sicherer. Also hat sie sich beim Landesbetrieb Straßenbau NRW in der Regionalniederlassung Niederrhein für eine Ausbildung beworben – und wurde angenommen.


Deutschlands beste Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik

Die Ausbildung, die es aktuell nur in Hessen und Nordrhein-Westfalen gibt, schloss sie in zweieinhalb statt drei Jahren ab. Das Thema ihrer Abschlussarbeit war die landschaftspflegerische Begleitplanung für den Neubau eines Regenrückhaltebeckens. Das bedeutet, dass Stanikowski planen musste, wie der Verlust von Bäumen und Flächen bei dem Bauprojekt kompensiert werden kann. Aufgaben wie diese gehören auch heute zu ihrem täglichen Job.


Ihre Abschlussprüfung hat Stanikowski im Jahr 2020 mit 95 von 100 Punkten absolviert – damit ist sie Bundesbeste in ihrem Ausbildungsgang.

Seit ihrem Abschluss arbeitet sie in der Planungsabteilung bei Straßen NRW. „Sicherheit ist ein ganz wichtiges Kriterium für mich. Deshalb habe ich mich für den öffentlichen Dienst entschieden und nicht für ein Ingenieurs- oder Architekturbüro. Ich bin allgemein froh, bei Straßen NRW zu arbeiten: wir haben ein gutes Betriebsklima und die Arbeit macht Spaß“, sagt Stanikowski.

Ihre aktuellen Aufgaben seien mit denen eines Bauzeichners vergleichbar. „Ich könnte mit dieser Ausbildung aber in nahezu allen Abteilungen von Straßen NRW arbeiten, was ich auch während meiner Ausbildung getan habe“, sagt sie. „Beispielsweise gehören zur Ausbildung auch Lehrgänge auf einem Lehrbauhof, bei denen ich unter anderem Pflastern und Mauern gelernt habe.“


Die Ausbildung habe ihren Blick auf Straßen und ihre Umgebung verändert, wie sie erzählt: „Vermessungspunkte zum Beispiel fallen mir jetzt sofort auf und oft denke ich mir, wenn ich irgendwo vorbeikomme: Hier müsste eigentlich saniert werden.“


„Hier muss jeder alles können“

Heute ist Valerie Stanikowski für die Planung der Sanierung einer Bundesstraße verantwortlich. „Das ist auch das erste Projekt, das ich nach meiner Ausbildung begonnen habe.“ Gemeinsam mit ihr arbeitet eine Ingenieurin aus der Planungsabteilung sowie Kolleg*innen aus den Bereichen Betrieb und Verkehr und der Bauüberwachung an dem Projekt. Und natürlich der Ingenieur, der die Verantwortung für die Sanierung innehat und die beteiligten Teams koordiniert. „Er gibt mir zum Beispiel die Parameter, die ich beachten muss und ich setze das Ganze dann in einen Plan um“, beschreibt sie die Zusammenarbeit.

Stanikowski liefert außerdem die notwendigen Angaben für den Planungsbericht. Die Planungsabteilung übernimmt somit die Funktion einer Schnittstelle zwischen den am Projekt beteiligten Abteilungen: Wenn bei einer Sanierung beispielsweise Bushaltestellen versetzt oder neu gebaut werden sollen, ist der Bereich Betrieb und Verkehr involviert, die Bauüberwachung ist ebenfalls meist mit von der Partie, Vermessungstechniker und - technikerinnen genauso wie die Fachleute aus dem Bereich Landschaftspflege.


„Das meiste, was ich mache, ist theoretische Arbeit am Computer, aber ich fahre natürlich auch mal raus und schaue, wie es vor Ort aussieht“, sagt sie. „Bei meinem Sanierungsprojekt zum Beispiel sind auch Bauwerke involviert und ein Baum muss gefällt und anschließend ersetzt werden. Außerdem wird eine Fläche versiegelt, für die wir einen Ausgleich schaffen müssen. Da fahre ich dann hin und schaue mir das mit den Kollegen von der Vermessungsabteilung und der Landschaftspflege an.“

Die vor Ort gewonnen Erkenntnisse fließen dann in den Plan mit ein. Die verschiedenen Projekte – von der Sanierung einzelner Streckenabschnitte über das Anlegen neuer Radwege – werden vom Landesbetrieb Straßenbau NRW nach Dringlichkeit priorisiert und in den unterschiedlichen Projektteams geplant und umgesetzt. „Hier muss jeder alles können, ich kann mich nicht auf einen speziellen Straßentyp spezialisieren oder sagen, dass ich nur Neubauten machen möchte oder nur Sanierungen.“ Wobei Sanierungen deutlich häufiger vorkommen als neue Straßenbauprojekte.

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