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Wie viel kostet eigentlich Mobilität?

Aktualisiert: 6. Juli 2021

Wie viel das eigene Fahrrad, das Auto vor der Tür oder der Einzelfahrschein beim heimischen ÖPNV-Anbieter kostet, weiß jeder. Auch über Subventionen wird oft diskutiert. Aber wie viel kostet eigentlich unsere Verkehrsinfrastruktur? Und was kosten ein Bus, ein Lastenrad oder eine U-Bahn? Wir haben nachgefragt.


Fotos von Markus Spiske bei Unsplash, Tier Mobility, Aleksander Slota (VCD) und DSW21


Egal, womit wir uns fortbewegen und wohin die Reise geht: ohne die Verkehrsinfrastruktur kommen wir nicht weit. Zur Verkehrsinfrastruktur gehören alle Radwege, jede Land- und jede Fernstraße, jeder schiffbare Fluss und jede Schiene. Aber auch die Einrichtungen, die die Infrastruktur erst nutzbar machen wie Bahnhöfe oder (Flug-) Häfen zählen dazu. Die Kosten für den Ausbau sowie die Sanierung der bestehenden Infrastruktur, aber auch für Lärmschutzwände entlang der Autobahnen übernimmt hierzulande größtenteils der Staat beziehungsweise die Länder und Kommunen.

Damit kommen wir in Deutschland unter anderem auf:


Straßenverkehrsinfrastruktur Schieneninfrastruktur der DB AG

13.141 km Autobahnen 747 Eisenbahntunnel

37.879 km Bundesstraßen 25.164 Eisenbahnbrücken

86.946 km Landesstraßen 33.400 km Schienennetz

91.860 km Kreisstraßen


2020 investierte der Bund rund 8,41 Milliarden Euro in den Straßenverkehr, 2021 sollen es 8,65 Milliarden Euro werden. Die Ausgaben für Lärmschutz entlang den Fernstraßen lagen in Deutschland im Jahr 2017 bei rund 95 Millionen Euro.

Der deutsche Staat beteiligt sich auch an den Kosten des Schienennetzausbaus. Im Jahr 2019 wurden pro Bürger rund 76 Euro vom Staat in die Schieneninfrastruktur investiert. Zum Vergleich: In der Schweiz liegen die Investitionen für die Schiene bei 365 Euro pro Kopf.


Subventionen für den Rad- und Schienenverkehr

Beim Nationalen Radverkehrskongress Ende April hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verkündet, den Ausbau der Radinfrastruktur in den nächsten drei Jahren mit 1,5 Milliarden Euro zu fördern.

Für den Ausbau des Schienennetzes in Deutschland werden aktuell pro Jahr 1,5 Milliarden Euro investiert, künftig sollen es drei Milliarden im Jahr sein.


Die bereitgestellte Infrastruktur nutzen Menschen zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem eigenen Auto, aber auch mit dem Bus, der U-Bahn, dem ICE oder oder oder. Die Kosten für die Anschaffung und Wartung der Verkehrsmittel, die andere zur Verfügung stellen, haben wir bei den Anbietern recherchiert: von der Mikromobilität bis zu den ganz großen Maschinen.



Was kostet ein E-Scooter ?

Mikromobilität meint vor allem kleine, leichte Fahrzeuge, die Privatpersonen fahren. Typischerweise gehören dazu Fahrräder, E-Scooter und Mopeds, die nicht schneller als als 25 km/h fahren und über eine App ausgeliehen und bezahlt werden können. Einer der Anbieter solcher Scooter und Mopeds ist TIER Mobility. Den exakten Preis für ihre E-Mopeds und E-Scooter oder Wartungskosten verrät das Unternehmen aus Wettbewerbsgründen leider nicht.


Grundsätzlich koste ein E-Scooter in der Anschaffung mehrere hundert Euro, je nach Modell und Ausstattung. Der myTIER GO e-Scooter, der aktuell nicht auf Lager sei, koste in der Regel 849 Euro in der Anschaffung, heißt es bei TIER Mobility.


Was kostet ein Lastenrad?

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Hessen, stellt im gesamten Frankfurter Stadtgebiet sowie in Offenbach kostenlos Lastenräder zum Ausleihen zur Verfügung. Die Flotte von main-lastenrad.de umfasst aktuell 18 Räder, die sich Menschen kostenfrei ausleihen können, um Einkäufe & Co. zu transportieren. Nicht alle davon gehören dem VCD, die meisten haben Unternehmen vor Ort angeschafft, um sie ihren Kunden zur Verfügung zu stellen. Beziehungsweise wurden sie über Crowdfunding und Patenschaften finanziert. Das günstigste Lastenrad - ohne zusätzlichen Antrieb - kostet laut Heiko Nickel vom VCD rund 1500 Euro. Das Modell Whalerider sei mit 5500 Euro das teuerste. Hinzu kommen Wartungskosten von 100 bis 250 Euro pro Jahr. Abhängig vom Alter des Rades. Ein gewisser finanzieller Aufwand sei so eine "kostenloser Verleih" damit schon. “Wir tragen das aber gerne als gemeinnütziger Verein, da wir hier einen wichtigen Beitrag für die Verkehrswende leisten möchten”, so Nickel.


Was kostet ein Bus?

In ganz Deutschland sind aktuell rund 75.500 Omnibusse im Personenverkehr unterwegs. Die meisten davon stammen aus dem Hause Evobus/Daimler; die Nummer zwei bei Bussen ist in Deutschland MAN/Volkswagen. Die häufigste Antriebstechnologie ist Diesel, Elektrofahrzeuge sind - auch wegen der Clean Vehicle Directive der EU - auf dem Vormarsch. Wasserstoffbusse bilden bisher noch die Ausnahme.

Je nach Antriebstechnologie unterschieden sich die Preise, wie Britta Heydenbluth, Pressesprecherin und stellvertretende Leiterin der Unternehmenskommunikation bei den Dortmunder Stadtwerken (DSW21) erzählt. “Ein E-Bus kostet etwa doppelt so viel wie ein Dieselbus, ein Wasserstoffbus zwei- bis dreimal so viel.” Ganz grob könne man bei einem Dieselfahrzeug mit 250.000 bis 300.000 Euro Anschaffungskosten rechnen und bei einem E-Bus mit 500.000 bis 600.000 Euro. “Wasserstoff-Busse gibt es meines Wissens nach ab 750.000 Euro aufwärts”, sagt sie.

Bei den Elektrofahrzeugen kommen Aufbau und Instandhaltung der Ladeinfrastruktur sowie die entsprechende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter noch zu den Wartungskosten hinzu. Außerdem müsse nach einer gewissen Laufzeit die Batterie getauscht werden. “Bei den Wasserstoffbussen ist nicht nur der Bus selbst ein großer Kostenfaktor, der Transport und die Lagerung des Wasserstoffs sind aus Sicherheitsgründen sehr aufwendig”, sagt Heydenbluth.


Was kosten Straßen- und U-Bahnen?

Für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind aktuell 380 Straßenbahnen und 1296 U-Bahnen im Einsatz. Der Anschaffungspreis hänge von der Größe und Ausstattung und den technischen Spezifikationen der einzelnen Fahrzeuge ab. Und von der Menge der bestellten Fahrzeuge, wie BVG-Pressesprecher Markus Falkner erklärt: “Ganz simpel gesagt: Wenn Sie eine U-Bahn kaufen, ist der „Stückpreis“ höher als wenn Sie 100 oder 500 Züge kaufen.”


Für eine neue Straßenbahn werden so - je nach dem - zwischen 2,5 und 4,5 Millionen Euro fällig. Eine U-Bahn mit sechs Waggons koste etwa neun bis zehn Millionen Euro. Dafür halte eine Bahn natürlich auch deutlich länger, als beispielsweise ein Bus. “Unsere neuen U-Bahnen, die aktuell bestellt sind, sollen über vier Jahrzehnte im Einsatz sein”, sagt Falkner.

360 Grad Modell: BVG/TeamOn GmbH

Was kosten Züge?

Je größer das Verkehrsmittel, desto länger hält es zwar - aber desto teurer ist es auch.”Ein moderner Güterwaggon kostet zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Triebzug oder Lok schlagen mit ein paar Millionen Euro zu Buche”, erzählt Heike Zimmermann. Sie ist Group Head PR & Marketing bei Alpha Trains, einem Unternehmen, das Züge und Lokomotiven vermietet. Was beispielsweise die Deutsche Bahn aktuell für eine S-Bahn, einen regionalzug oder einen modernen ICE bezahlt, gibt das Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nicht preis. Auch die Hersteller Siemens und Alstom sind verschwiegen und verweisen nur auf die variierenden Preise in Abhängigkeit von der Ausstattung. Kosten für ältere Modelle sind allerdings bekannt: Im Jahr 2012 betrugen die Kosten für einen ICE 1 rund 24 Millionen Euro. Sein Nachfolger ICE 2 kostete mehr als 18 Millionen Euro, der ICE 3 vom Typ 407 schon 33 Millionen Euro.

Wie hoch sind Kosten und Erträge von Verkehrsmitteln auf kommunaler Ebene?

Weil sich die Anschaffungskosten eines städtischen Leihfahrrads nicht mit denen einer Straßenbahn oder des Privaten PKWs vergleichen lassen, hat sich Prof. Dr.-Ing. Carsten Sommer, Leiter des Fachgebiets Verkehrsplanung und Verkehrssysteme an der Universität Kassel sowie wissenschaftlicher Leiter des Masterstudiengangs ÖPNV und Mobilität, sich in einem Forschungsprojekt damit beschäftigt, welches Verkehrsmittel welche Kosten verursacht und welche Erträge bringt. Dabei betrachtete er Mobilität so ganzheitlich wie möglich: Welche Kosten fallen für die Infrastruktur an, welche für die Anschaffung der Fahrzeuge, welche für Wartung und Reparatur, welche für Lärm- und Emissionsschutz und welche für Unfälle mit den jeweiligen Fahrzeugen?

Demnach kostet der PKW-Individualverkehr in einer deutschen Großstadt die öffentliche Hand und die Allgemeinheit pro Jahr etwa das Dreifache wie der ÖPNV.

In der Modellstadt Kassel betrugen die externen Kosten des Individualverkehrs (Unfälle, Lärm, Luftbelastung und Klimaschäden) mehr als 73 Millionen Euro, wovon der LKW-Verkehr 9,5 Millionen Euro Kosten verursachte. Die restlichen 57,5 Millionen gingen auf das Konto von PKW. Für ihren ÖPNV investierte die Stadt Kassel während desselben Zeitraums 3,5 Millionen Euro. Rad- und Fußverkehr produzierten Unfallkosten in Höhe von 2,7 Millionen Euro (Rad 2 Mio. EUR / Fußgänger 0,7 Mio. EUR).


„Bisher“, sagt Sommer, „haben die Entscheider in Kommunen nur gefragt, was der Neu- oder Ausbau einer Straße kostet, wieviel eine Bushaltestelle kostet, oder welchen Zuschussbedarf eine Straßenbahn hat. Beim Bau eines Parkhauses wurden die Kosten vielleicht in das Verhältnis zu den erwarteten Einnahmen gesetzt. Aber wer weiß schon, was eine Straße wirklich kostet, wie sie im konkreten Fall von PKW oder LKW belastet wird, und wie viel Oberflächenwasser im Vergleich zur Schiene zu entsorgen ist? Was kosten Unfälle? Wie sieht die Gesamtbilanz aus? Und was ändert sich daran, wenn wir eine City-Maut erheben oder das Angebot im Straßenbahnverkehr verbessern?“ Um diese Fragen künftig beantworten zu können, hat er den Kommunen ein entsprechendes Tool zur Verfügung gestellt. Zum selber nachrechnen.


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